Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Thomas Spang zu Manning-Prozess
Regensburg (ots)
Das Urteil gegen den Wikileaks-Informanten Bradley Manning ist eine Schlappe für die US-Regierung und ein Sieg für die Demokratie. Richterin Lind stellte sich tapfer dem Versuch in den Weg, ein Exempel zu statuieren, das Geheimnisaufdecker abgeschreckt hätte. "Whistleblower", die militärische Geheimnisse aus Gewissensnot an die Presse weitergeben, brauchen künftig nicht zu fürchten, wegen "Zusammenarbeit mit dem Feind" vor den Kadi gezerrt zu werden. Das Militärgericht schuf einen Präzedenzfall, der die Regierung davon abbringen dürfte. Richterin Lind stellte die Kinderlogik der Staatsanwaltschaft vom Kopf auf die Füße. Demnach reicht es nicht, jemanden, der vertrauliche Informationen zur Veröffentlichung weitergibt, zum Kollaborateur abzustempeln, nur weil diese auch von Terroristen im Internet gelesen werden können. Anders als eine Niederlage kann die Regierung diesen Ausgang des Prozesses nicht werten. Schließlich hatte sie nur deshalb auf dem Verfahren bestanden, um den schmächtigen Gefreiten wegen "Zusammenarbeit mit dem Feind" ein Leben lang hinter Gitter zu schicken. Alles andere hatte der Angeklagte schon vorher eingestanden. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken - das Urteil ist weder ein Freispruch, noch ist Bradley Manning ein Held. Er hat ungeprüft und ohne jede weitere Kontrolle 700 000 Dokumente an "Wikileaks" weitergegeben und damit nicht nur Fehlverhalten aufgedeckt, sondern auch Menschenleben gefährdet. Weniger wäre mehr gewesen. Dafür verdient er eine Strafe. Es bleibt zu hoffen, dass Richterin Lind bei der Festlegung der Strafe dasselbe Augenmaß beweist wie bei der Urteilsfindung.
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