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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu "Große Koalition"

Regensburg (ots)

von Reinhard Zweigler, MZ

Angela Merkel ist Fußball-Expertin und gelegentlich Besucherin der Mannschaftskabine der Nationalelf. Mit öffentlichen Tipps zum Ausgang von Spielen hält sich die Kanzlerin zurück. Es kommen bestenfalls allgemeine Anmerkungen, wie: "Wir gewinnen, egal wie!" Dies könnte freilich auch das Motto sein für das vergangene Dreivierteljahr der schwarz-roten Koalition, die jetzt in die Sommerpause geht. Die Groß-Koalition brachte 44 Gesetze auf den Weg. Darunter sind mit dem Rentenpaket, der Energiewende-Reform oder dem Mindestlohn gleich drei hochkarätige Vorhaben. Während der langwierigen und hakeligen Koalitionsverhandlungen von Union und SPD gab es immer wieder kritische Phasen, an denen eine Großkoalition der recht unterschiedlichen Protagonisten zu scheitern drohte. Doch das ist, trotz aller Streitereien seither, nicht geschehen. Schwarz und Rot haben sich zusammengerauft. Die Koalition setzt Stück für Stück den Mammut-Koalitionsvertrag um. Allein das ist, angesichts der Ausgangslage vor der Bundestagswahl im September 2013, eine positive Überraschung. Deutschland wird zielgerichteter regiert als in den vier Jahren der Rumpel-Koalition von Union und Liberalen zuvor. Und besser als in der Stillhalte- und Not-Koalition von 2005 bis 2009, die freilich die dramatischste Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit zu meistern hatte. Ein Erfolgsgeheimnis der jetzigen "GroKo" liegt offenbar in der funktionierenden Zweckgemeinschaft von Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer. Die drei Vorsitzenden der Regierungsparteien haben nicht nur den Koalitionsvertrag entscheidend geprägt, sondern bislang auch alle Streitereien seither unter sechs Augen beigelegt. Das Vertrauensverhältnis der "großen Drei" ist die Grundlage für den Bestand und die Wirksamkeit dieser Koalition. Dass dieses Regierungsbündnis im Grunde von drei Sozialdemokraten - Seehofer und Merkel sind zumindest Sozis im Geiste - geführt wird, ist eine zutreffende Bemerkung. Und der vormalige SPD-Haudrauf Gabriel kann auch staatstragend. Dieses verbindende Band hat offenbar auch dabei geholfen, die politischen Lieblingsprojekte der jeweils anderen Seite zu "schlucken". Die Union ist über den Mindestlohn oder die Rente mit 63, die sie noch im Wahlkampf vehement bekämpfte, keineswegs glücklich. Die Mütterente wiederum schmeckt den Sozialdemokraten nicht sonderlich. Der Treppenwitz der Geschichte ist, dass eine SPD-Ministerin, die SPD-Linke Andrea Nahles, diese Vorhaben nun durchsetzen musste. Sehr auf die Einwände der Union bedacht, hat auch Gabriel die Energiewende-Reform hinbekommen. Dem flotten Ausbau der erneuerbaren Energien wurde ein Deckel verpasst und Ausnahmen für die stromverzehrende Industrie beibehalten. Selbst den EU-Postenpoker zwischen dem Deutschen Martin Schulz (SPD) und dem Konservativen Jean-Claude Juncker haben Merkel und Gabriel geräuschlos beendet. Ein langer innerdeutscher Streit darum hätte der gesamten EU geschadet. Schließlich wird die GroKo auch durch die vielen außenpolitischen Herausforderungen, von der Ukraine, bis Syrien, Irak und dem Nahen Osten bis zu den Verwerfungen mit Washington, zusammengeschweißt. Zwischen Merkels Außenpolitik und Steinmeiers Dauer-Krisendiplomatie passt eigentlich klein Blatt Papier. Beim Vorgänger Guido Westerwelle war das nicht immer so. Freilich hat diese Koalition, die sich auf eine 80-Prozent-Mehrheit im Parlament stützen kann, unter Demokratiegesichtspunkten auch Makel. Sie neigt zur Selbstgefälligkeit. Und das ist nicht gut.

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