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Mittelbayerische Zeitung: Tief gefallen
Der SSV Jahn Regensburg träumte vom großen Fußball. Nun sollte er schnell Bodenständigkeit lernen. Leitartikel von Jürgen Scharf

Regensburg (ots)

Jetzt ist es soweit. Der SSV Jahn Regensburg ist abgestiegen. Sein tolles neues Fußball-Stadion, für das die Stadt Regensburg viel Geld ausgibt, wird er in der Regionalliga eröffnen müssen. Die Gegner heißen da nicht mehr Duisburg oder Bielefeld, sondern Memmingen und Schalding-Heining. Das ist nicht die große Fußball-Welt, von der in Regensburg seit langem fantasiert wird. Doch wer zu hoch hinaus will, kann tief fallen. Für seine Traumtänzerei muss der Klub jetzt teuer bezahlen. Allerdings: Wenn er mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen landet, könnte dies der erste Schritt in eine bessere Zukunft sein. Regionalliga - niemals! Noch vor ein paar Monaten, als der Klub schon längst auf dem letzten Tabellenplatz stand, wurden beim Jahn Gedanken an den Abstieg pikiert zur Seite geschoben. Uns kann und wird das nicht passieren. Woher dieses Urvertrauen eigentlich kam, ist im Rückblick rätselhaft. Sicher, der Jahn hat vor zwei Jahren eine Saison in der 2. Bundesliga gespielt. Das war nicht zuletzt ein Verdienst des Trainers Markus Weinzierl, der nun auch beim FC Augsburg beweist, dass er aus wenig sehr viel machen kann. Bis auf diesen einen Ausreißer nach oben war der Jahn aber seit vielen Jahren nichts anderes als maximal eine mittelmäßige Drittligamannschaft. Mehr war auch nicht zu erwarten, weil die (wechselnden) Manager des Vereins meist gerade genug Geld heranschafften, um sich irgendwie über die Ziellinie zu retten. Dann kam der 28. Juli 2011. An diesem Tag beschloss der Regensburger Stadtrat, dass ein neues Stadion gebaut wird. Eine Arena, mit der der Jahn in neue Sphären durchstarten kann. Und das möglichst in Überschallgeschwindigkeit. Schließlich gab es die Hoffnung, dass alleine schon der Spatenstich des Großprojekts Sponsoren in Scharen anlockt, mit deren Geld dann Superspieler geholt werden können. Auf den Millionenregen wurde vergeblich gewartet. Der Jahn hatte bis zuletzt einen kleineren Etat als die meisten seiner Konkurrenten in der 3. Liga. Und das ohnehin wenige Geld setzte der Jahn dann auch noch schlecht ein, ergo: Abstieg. Was der Neustart in der Regionalliga letztlich für den SSV Jahn und das ambitionierte Stadionprojekt bedeuten wird, hat der Klub nun selbst in der Hand. Denn, man höre und staune, es ist fürwahr nicht alles schlecht. Dass der Klub bis vor kurzer Zeit quasi ständig vor der Pleite stand, wurde im Jubeltaumel um das neue Stadion verdrängt. Nach allem, was man weiß, hat der Verein zuletzt aber erfolgreich seine Finanzen geordnet. Er ist immer noch nicht reich, aber es liegen zumindest keine unbezahlten Rechnungen mehr im Keller herum. Vielleicht kann der Klub, so bizarr es klingt, in der Regionalliga wirtschaftlich sogar zulegen. Siege lassen sich besser vermarkten als Niederlagen. Also lieber in der Regionalliga oben mitspielen, als der Prügelknabe der 3. Liga sein. Wenn sich der Klub wirklich auf die neue Spielklasse einlässt, kann dies auch an einer anderen Front ein Vorteil sein. Seit Jahren gelingt es dem Jahn nicht, Spieler aus der Oberpfalz in die Profimannschaft zu bringen - obwohl dies für die Fans das Größte wäre. Vielleicht klappt dies in der Regionalliga endlich mal. Kleine Brötchen backen, sich fürs Erste über jeden Sieg in der Regionalliga freuen - dies könnte der Weg aus der Misere sein. Umso mehr, da mit dem FC Ingolstadt in der kommenden Saison ein neuer Bundesliga-Klub direkt vor der Haustür ist. Wer die Stars der Szene sehen will, geht da hin. Der Jahn braucht deswegen ein neues Profil. Er muss Bodenständigkeit vorleben - vom Zeugwart bis zum Klubchef. Wenn der Klub die Regionalliga dagegen nur als Betriebsunfall begreift, als lästige Zwischenstation beim neuen Anlauf zu Höherem, wird er scheitern.

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