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Mittelbayerische Zeitung: Ein erster Schritt - Um das Elend in Syrien zu beenden, darf nichts unversucht bleiben. Obama und Putin könnten es richten. Von Thomas J. Spang

Regensburg (ots)

So geht es nicht mehr weiter. Das dürfte die klare Erkenntnis zum Status quo im Bürgerkriegsland Syrien sein, die hinter der Entscheidung Präsident Barack Obamas steht, mit Wladimir Putin zu sprechen. Zwölf Millionen Menschen haben das syrische Schlachthaus verlassen. Auf der Flucht vor den Fassbomben Baschar al-Assads und dem Terror des Islamischen Staats gleichermaßen. Seit sich Hunderttausende auf Booten und zu Fuß auf den Weg nach Europa gemacht haben, lässt sich die Krise nicht weiter ignorieren. Sie steht sprichwörtlich vor der Haustür. Weil George W. Bush mit seiner kopflosen Invasion in Irak die Büchse der Pandora in der Region geöffnet hatte, stehen die USA zu Recht unter Druck, mehr zu tun. Am Freitag nun gab sich Obama nach langem Zögern einen Ruck und stimmte einem Treffen mit Putin zu, der erstmals seit zehn Jahren wieder zur UN-Vollversammlung nach New York kommen wird. Realpolitisch ergibt es nur Sinn, nach 15 Monaten Funkstille mit dem russischen Präsidenten direkt zu sprechen. Russland spielt eine Schlüsselrolle in der syrischen Tragödie, weil es das Assad-Regime militärisch stützt. Dahinter stecken geostrategische Interessen Moskaus, das seinen Hafen am Mittelmeer in Latakia nicht verlieren will. Darüber hinaus sehen die Russen Syrien als Pufferzone, die ihnen islamistischen Terror vom Hals hält. Damaskus hat in der Vergangenheit beides garantiert. Was erklärt, warum Putin an dem skrupellosen Diktator festhält und nun seine militärische Präsenz verstärkt. Diese nüchterne Analyse legt fast zwingend nahe, dass es ohne Russland keine Lösung in dem Bürgerkrieg geben wird. Folglich ist es nur sinnvoll, das Gesprächsgesuch Putins anzunehmen. Wer darin Schwäche erkennt, übersieht, auf wie vielen Grabsteinen in der Geschichte das Wort "Prinzipientreue" eingemeißelt sein könnte. Angesichts des himmelschreienden Elends in Syrien darf nichts unversucht bleiben, das Schlachten zu beenden. Der erste Schritt auf dem Weg dahin ist der direkte Dialog zwischen Obama und Putin. So lässt sich am besten herausfinden, was der Machtpolitiker aus Moskau im Schilde führt. Das scheint umso mehr geboten, seit die Amerikaner mit ihrem eigenen Latein am Ende sind. Obamas Anti-IS- Koordinator, Ex-General John Allen, erklärte zum November seinen Rücktritt, nachdem er im Kongress einräumen musste, dass ganze "vier bis fünf" von den USA ausgebildete Rebellen in Syrien kämpften. Kritiker hatten die Idee, auf "moderate Rebellen" zu setzen, die gegen Assad und den IS kämpfen, von Anfang an für einen Wolkenkuckuckstraum gehalten. Dass der ehemalige General Petraeus zuletzt vorschlug, mit den Al-Kaida-nahen Kämpfern der Al-Nusra-Front gemeinsame Sache zu machen, zeigt, wie perspektivlos die Situation geworden ist. Gemessen daran klingt die Entscheidung Obamas vernünftig, mit jemandem Spielräume auszuloten, den er für einen politischen Straßenschläger hält. Der Kampf gegen den Islamischen Staat bietet sich als gemeinsame Schnittmenge an. Und scheint umso dringlicher, als der IS im Unterschied zu dem bloß an seinem Überleben interessierten Assad-Regime eine revolutionäre Kraft ist, die eine ganze Region destabilisiert. Es gibt viele gute Gründe, die Erwartungen an das Treffen Obamas mit Putin nicht zu hoch zu schrauben. Aber es könnte dazu beitragen, die Sponsoren der diversen Bürgerkriegsparteien an einen Tisch zu bekommen. Die Türkei, Saudi-Arabien und Iran werden für eine nachhaltige Lösung gebraucht. Deshalb ist das Treffen am Rande der Vollversammlung der Vereinten Nationen so wichtig. Die beiden Präsidenten stehen vor der Wahl, die Gräben zu vertiefen oder ihre Differenzen beiseite zu stellen, um für Syrien das Richtige zu tun.

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