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Mittelbayerische Zeitung: Dobrindts Maut-Show
Der Kompromiss mit der EU ist ein großer Erfolg für den Bundesverkehrsminister - mehr aber auch nicht. Leitartikel von Martin Anton

Regensburg (ots)

Jetzt hat er es allen gezeigt. Die Nachricht von Donnerstagabend hat Befürworter und Kritiker gleichermaßen überrascht. Galt der Hauptdarsteller doch zuletzt in weiten Teilen der Öffentlichkeit als gescheiterte und etwas skurrile Figur mit seltsamem Modegeschmack. Die Rede ist nicht vom ehemaligen Bundesliga-Profi Tim Wiese und seinem erfolgreichen Wrestling-Debüt in München, sondern von Alexander Dobrindt (CSU) und der bevorstehenden Einigung mit der EU-Kommission bei der Pkw-Maut. Nach aktuellem Stand scheint die sogenannte Infrastrukturabgabe in Deutschland nun doch zu kommen. Die Kommission wird wohl ihre Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zurückziehen. Anders als Wiese, der seiner neuen Profession als Catcher entsprechend große Töne spuckte, freute Dobrindt sich eher zurückhaltend, fast staatsmännisch über seinen Coup. Wie beim Wrestling stellt sich allerdings auch bei der großen Maut-Nachricht die Frage: Wie viel Substanz steckt hinter der Show? Fest steht: Dobrindt hat sich durchgesetzt. Gegen die Opposition ebenso wie gegen die Koalitionspartner, die irgendwann den Glauben an Dobrindts Maut verloren - oder ihn nie hatten. Jetzt hat sich der Verkehrsminister als hartnäckiger Verhandlungsmeister profiliert. Bei einem Scheitern hätte er ein Loser-Image gehabt, nun ist er der harte Hund, der deutsche Interessen in Brüssel durchsetzt. Das dürfte seine Position in der Bundesregierung ebenso stärken wie in der eigenen Partei. Warum die EU-Kommission, unter persönlichem Einsatz ihres Chefs Jean-Claude Juncker, sich auf den Deal mit Dobrindt einlässt, lässt sich nur vermuten. Fürchtete sie eine Niederlage vor dem EuGH? Wahrscheinlicher ist, dass Juncker einen erneuten Anti-EU-Wahlkampf der CSU bei der Bundestagswahl 2017 verhindern wollte. Der wäre bei einem "Nein" zur deutschen Maut-Variante wahrscheinlich gewesen. Jetzt können Parteichef Horst Seehofer und Dobrindt die Einigung als Erfolg verkaufen, als Zeichen der Durchsetzungsfähigkeit der Partei auf Bundes- und EU-Ebene. Ob es sich bei der Pkw-Maut auch objektiv um einen Erfolg handelt, ist fraglich. Viel Zeit und Kraft hat das Maut-Thema in den vergangenen drei Jahren gekostet. Auch jetzt hat Dobrindt es wieder geschafft, dass sein Thema die Schlagzeilen dominiert - während in der Türkei die Demokratie abgeschafft wird. Was hätte ein so durchsetzungsfähiger Verkehrsminister in dieser Zeit nicht alles schaffen können? Stattdessen wird der Maut-Flickenteppich in Europa vergrößert. Eine sinnvolle Lösung, nämlich eine einheitliche europäische Regelung, rückt in weite Ferne. Dafür wird der obskure Gerechtigkeitssinn derer befriedigt, die sich bisher durch die Vignettenpflicht bei den europäischen Nachbarn benachteiligt fühlten. Dabei wird außer vergessen, dass dort die Einheimischen nicht für die Maut kompensiert werden. Als Erfolg der EU-Verhandlungspartner kann die stärkere Berücksichtigung von Umweltaspekten verzeichnet werden. Ob aber deutsche Autofahrer beim neu ausgehandelten Kompromiss tatsächlich nicht draufzahlen müssen, bleibt abzuwarten. Denn auch wenn bei der Einführung nach Entlastungen bei der Kfz-Steuer ein Nullsummenspiel herauskommt, kann sich die Rechnung in späteren Jahren doch noch ändern. Zumal die Einführung der Pkw-Maut in Deutschland immer noch verhindert werden kann. Während Dobrindt sich auf dem CSU-Parteitag in München feiern lässt, denken Anrainer wie Österreich oder die Niederlande möglicherweise schon über neue Klagen vor dem EuGH nach. Das Thema Pkw-Maut wird uns noch lange begleiten. Nicht weil es wichtig oder sinnvoll ist, sondern weil Dobrindts Karriere und die Glaubwürdigkeit der CSU davon abhängen. Also gilt: The Maut-Show must go on.

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