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Mittelbayerische Zeitung: Düstere Aussichten
Die Formel 1 tut sich in Deutschland seit Jahren schwer - und Besserung ist kaum zu erwarten. Leitartikel von Jürgen Scharf

Regensburg (ots)

Am Sonntag geht eine lange Formel-1-Saison zu Ende. In Abu Dhabi endet die diesjährige Tour der elf Rennställe, die seit dem Auftakt in Australien im März von Kontinent zu Kontinent gereist sind. Und, das kann man jetzt schon sagen, es war eine gute Saison. Der packende Zweikampf an der Spitze zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton ist das, was sich Motorsport-Fans wünschen. Warum ausgerechnet in Rosbergs Heimat Deutschland wieder einmal keine richtige Begeisterung für die Königsklasse des Rennsports aufkommen will, bleibt deswegen ein Rätsel. Es deutet vieles darauf hin, dass die Formel 1 sich damit abfinden muss, ausgerechnet im Autoland Deutschland auf lange Sicht nur noch die zweite Geige im Konzert der großen Sportveranstaltungen zu spielen. Die Debatte um die Krise der Formel 1 und wie diese zu überwinden ist, zieht sich nun bereits mehrere Jahre hin. Die Lage in Deutschland ist dabei so etwas wie das Stimmungsbarometer für die traditionsreiche Rennserie geworden. Hatte die Begeisterung um Michael Schumacher um die Jahrtausendwende noch dafür gesorgt, dass in dessen Heimatland ein Besucherrekord nach dem anderen aufgestellt wurde, geht es seit Jahren in die andere Richtung. Und die Zeichen auf Besserung stehen schlecht. Einst lief die Formel 1 in Deutschland so gut, dass die Macher der Rennserie über viele Jahre den Großen Preis von Europa an den Nürburgring vergaben, um in Deutschland zweimal in einer Saison fahren zu können. Lang ist es her. Mittlerweile ist Formel-1-Herrscher Bernie Ecclestone froh, wenn er überhaupt noch ein Rennen in Deutschland an den Mann bringt. Und zuletzt machte er sogar den Eindruck, dass es ihm langsam relativ egal ist. Frei nach dem Motto: Wenn die Deutschen nicht wollen, fahren wir eben woanders. 2015 wurde das Rennen am Nürburgring abgesagt. Heuer wurde zwar in Hockenheim gefahren und es gab sogar einen leichten Anstieg bei den Besucherzahlen, immer noch müssen aber leerstehende Tribünen mit Werbebannern abgehängt werden. Warum zieht der einstige Straßenfeger in Deutschland nicht mehr richtig? Früher hat es gereicht, die Fahrer als wagemutige Straßencowboys zu vermarkten - schon klingelten die Kassen. Heute ist das nicht mehr genug. Die Formel 1 hat das natürlich auch selbst gemerkt. Seit Jahren rührt sie kräftig die Werbetrommel in eigener Sache. Gebracht hat es - zumindest in Deutschland - wenig. Zumal ein Kernproblem, die hohen Ticketpreise, immer noch nicht gelöst ist. Am Sonntag steigt das große Finale. Nico Rosberg kann in Abu Dhabi der dritte deutsche Formel-1-Weltmeister werden. Ob er selbst dann, wenn ihm der große Coup glückt, eine Aufbruchsstimmung in Deutschland erzeugt, ist mehr als fraglich. Warum sollte Rosberg schaffen, was Sebastian Vettel nicht gelang, obwohl dieser viermal den Titel holte. Als Vettel zu Ferrari wechselte, wurde dies sogar als Motorsport-Traumehe gefeiert. Zuletzt fuhr er aber nur noch hinterher. Vom einstigen Rummel um ihn ist kaum etwas übrig geblieben. Dass Formel-1-Piloten immer noch zu Stars werden können, zeigt Max Verstappen. Der Newcomer hat mit seinem unorthodoxen - und manchmal auch rüden - Fahrstil sowie seinen forschen Auftreten in seinem Geburtsland Belgien einen Boom ausgelöst. Ein Pilot mit vergleichbarem Unterhaltungsfaktor ist in Deutschland nicht in Sicht. Deswegen sind die Aussichten auch düster. Noch zieht zumindest das Argument, dass ein Deutscher um den Titel fährt. Wenn das einmal nicht mehr der Fall sein sollte, hat die Königsklasse in Deutschland eine ganz schwere Zukunft vor sich.

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