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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung zur Lage der bayerischen SPD nach dem Rückzug von Florian Pronold:

Regensburg (ots)

Bei CDU und CSU läuten die Alarmglocken, auch wenn der jetzige Anfangserfolg des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz in den Wähler-Umfragen in den Parteizentralen in Berlin und München offiziell herunter gespielt wird. Es scheint, als könne der Europapolitiker mit dem trotzigen Leitspruch für mehr Gerechtigkeit das schier uneinnehmbare Bollwerk der Merkel-Union ins Wanken bringen. Schulz steht im Grunde für SPD pur. Er erweckt die Traditionen der "kleine-Leute-Partei" wieder zum Leben - und verschafft den so arg frustrierten Genossen ein neues Selbstgefühl, neues Selbstvertrauen. Es keimt gar so etwas wie die Hoffnung auf einen möglichen Sieg bei der nächsten Bundestagswahl am 24. September auf. Etwas derartiges hat es im Grunde seit Gerhard Schröder nicht mehr gegeben. Die in den vergangenen Jahren angetretenen Merkel-Herausforderer, ob Frank-Walter Steinmeier 2009 oder Peer Steinbrück vor vier Jahren, waren eher Verlegenheitskandidaten. Deren Job war es eigentlich nur, würdevoll gegen Merkel zu verlieren. Doch das könnte sich mit dem bärtigen Mann aus Würselen ändern. Freilich macht die derzeitige Hochstimmung bei den Sozialdemokraten und offenbar auch bei vielen potenziellen Wählern, von denen sich viele abgewendet hatten, noch keinen Sieg im Herbst. Der Weg dahin ist noch weit und mit vielen Hürden gespickt. Und noch hat auch der weithin ziemlich unbekannte Martin Schulz gar nicht genau durchbuchstabiert, was er politisch will. Er hat noch nicht "geliefert". Um die künftige Ausrichtung der Partei, um jeden Satz im Wahlprogramm dürfte in der SPD noch heftig gerungen werden. Zudem holt auch die vertrackte Wirklichkeit den wie Phönix aus der Asche aufgestiegenen Schulz immer wieder ein. So wurde der designierte SPD-Chef am Sonntag für seine Rede bejubelt, in der er die Verantwortungslosigkeit und überzogene Bezahlung von Spitzenmanagern in der Wirtschaft anprangerte. Einen Tag später jedoch wurde bekannt, dass eine sozialdemokratische Vorstandsfrau beim Volkswagenkonzern für nicht einmal ein Jahr Mitgliedschaft im Gremium offenbar zwölf Millionen Euro einstreichen darf. Das rot-grün regierte Niedersachsen sitzt mit im Aufsichtsrat des Großunternehmens. Schulz wettert über zu hohe Boni an Spitzenmanager, andere Genossen tun jedoch nichts dagegen. Solche Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit sind geeignet, Schulz' Glaubwürdigkeit zu untergraben. In Bayern ist die Lage für die Sozialdemokraten, trotz des Rückenwinds von Schulz, zudem alles andere als rosig. Die Spendenaffäre des Regensburger Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs strahlt weit über die Stadt hinaus aus. An dem schlechten Licht, dass auf die Partei fällt, ändert auch wenig, dass es der Landesschatzmeister war, der die Ermittlungen gegen Wolbergs erst in Gang gesetzt hatte. Zumindest die innerparteilichen Kontrollmechanismen haben funktioniert. Zu allem Überfluss warf nun gestern auch noch der glücklose Florian Pronold das Handtuch als SPD-Landeschef. In den knapp acht Jahren an der Spitze der Bayern-SPD hat der Deggendorfer dem Abstieg kaum etwas entgegen setzen können. In Umfragen dümpelt die SPD derzeit weit unter der 20-Prozentmarke herum. Nicht einmal respektable Kandidaten wie Münchens Ex-Oberbürgermeister Christian Ude konnten gegen die CSU-Dominanz bei Landtagswahlen etwas ausrichten. Auch von Affären der bayerischen Staatspartei konnten die Sozis nicht profitieren, obwohl die Staatsregierung im Landtag wacker attackiert wird. Ein personeller Neuanfang, wie ihn die Bundespartei gerade macht, steht der Bayern-SPD noch bevor. Er ist dringend nötig. Auch damit der Höhenflug von Schulz in Bayern nicht in einer Bruchlandung endet.

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