Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur "UN-Klimakonferenz":
Regensburg (ots)
Zentrale Herausforderung, Schicksalsfrage der Menschheit. Wer könnte diesen hehren Worten Angela Merkels, mit der sie auf der UN-Konferenz die Klimafrage kennzeichnete, wohl widersprechen. Außer Donald Trump und einigen notorischen Leugnern der Klimakrise, etwa in der AfD, wohl niemand. Doch Merkel konnte gestern nicht als Klimakanzlerin glänzen. Das lag vor allem daran, dass sie der hochkarätig besetzten Konferenz in Bonn nur die hinlänglich bekannten, schönen Absichtserklärungen zu bieten hatte. Samt dem achselzuckenden Eingeständnis, dass Deutschland "noch ein ganzes Stück" an den selbst gestellten Klimazielen fehle. Über die konkreten Maßnahmen, wie der einstige Klimaschutz-Vorreiter seine Hausaufgaben erledigen kann, wird derzeit in Berlin erbittert gestritten. Vermutlich scheitern die schwarz-gelb-grünen Partner an der ersten wirklichen Hürde auf dem langen Weg zur Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens zwei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts, auf das sich die internationale Gemeinschaft vor zwei Jahren in Paris verpflichtet hatte. Dass Deutschland bis 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid im Vergleich zum Einheitsjahr 1990 um 40 Prozent verringern wird, wäre nur noch mit drastischen Maßnahmen zu bewerkstelligen. Auch unter den Jamaika-Sondierern sitzen einige, die das ehrgeizige deutsche Klimaziel bis 2020 für zu ambitioniert halten. Ehrlicherweise muss dazu gesagt werden, dass diese Zielmarke zu einem Zeitpunkt ausgegeben wurde, als von einem raschen Ausstieg aus der Atomenergie noch keine Rede war. Zudem basiert dieses mittelfristige deutsche Klimaziel auf dem Sondereffekt, dass zahlreiche ostdeutsche Braunkohle-Kraftwerke zu Beginn der neunziger Jahre still gelegt werden mussten. Mit den Dreckschleudern verschwanden auch deren Emissionen. Doch diese Effekte schlagen in der Klimabilanz nur einmal zu Buche. Dass Wirtschaftswachstum einerseits und Klimaschutz andererseits versöhnt werden können, ist ein schlichter Satz, aber in der Realität eine gigantische Aufgabe. Die Wachstumsjahre nach der Finanzkrise haben zu einem Anstieg der Emissionen von Treibhausgasen geführt. Deutschland ist insofern, trotz seiner riesigen und milliardenschweren Anstrengungen bei erneuerbaren Energien, leider - noch - kein Vorbild für den Rest unseres Planeten. Der praktische Beweis, dass Wachstum zu bewerkstelligen ist, ohne dass immer mehr Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen werden, ist noch nirgendwo erbracht worden. Dabei verfügt die Menschheit, zumal die Industriestaaten, längst über das technische und technologische Instrumentarium dafür. Die Crux ist, dass sich Klimaschutz noch nicht - zumindest nicht ausreichend - rechnet. Nun könnte man sich darauf zurückziehen, dass es auf unser Land mit gerade mal zwei Prozent Anteil an den weltweiten Emissionen doch gar nicht ankomme. Sollen doch erst einmal die großen Klimasünder China und USA vorangehen. Allerdings wäre eine solche Haltung gefährlich. Erstens weil Klimaschutz in Technologien und Produkten immer mehr zu einem Wettbewerbsfaktor wird. Und zweitens weil die Entwicklungsschübe längst aus einem Hightech-Land wie Deutschland kommen, kommen müssen. In der Photovoltaik hat China den einstigen Vorreiter Deutschland jedoch bereits überholt. Auch in den USA schläft man nicht, trotz oder gerade wegen Trumps Absage an das Klimaabkommen von Paris. Um es mit Angela Merkel zu sagen, Klimaschutz ist nicht nur eine riesige Herausforderung, sondern auch eine enorme Chance. Für Deutschland und alle Staaten der Erde.
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