Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu Donald Trump:
Regensburg (ots)
Eine gute Show lebt von der Quote. Und Quote bekommt, wer Aufmerksamkeit erzielt. Deshalb liebt der ehemalige Gastgeber von "The Apprentice" das Drama, die Intrige und plötzliche Wendungen. US-Präsident Donald Trump kann sich so als großer Zampano inszenieren, der allen anderen immer einen Schritt voraus ist. Sein Regierungsstil ist nach einem Jahr im Amt hinlänglich bekannt, das Muster einfach zu deuten. Er verbreitet Chaos, stiftet Verwirrung und wirft Nebelkerzen, um dann zu tun, wovon er schon immer überzeugt war. Seine spontanen Äußerungen haben dagegen selten mehr Gültigkeit als einen Nachrichtenzyklus. Wollte er eben nicht den 800 000 "Dreamern" helfen, einen sicheren Aufenthalt-Status in den USA zu bekommen? Hatte er nach dem Schulmassaker von Parkland nicht vollmundige Versprechungen gemacht, etwas gegen die Waffengewalt zu unternehmen? Oder sollte es keine Ausnahmen bei seinen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium geben? So gesehen muss mit größter Vorsicht genossen werden, was der Meister der Ablenkung aus dem Weißen Haus zu einem direkten Treffen mit Kim Jong-Un verlauten ließ. Sicher ist nur, dass er damit wieder einmal der Quotensieger ist. Trump drängt die verheerende Aussicht auf einen globalen Handelskrieg damit ebenso in den Hintergrund, wie das brisante Enthüllungsbuch "Russian Roulette" über die Russland-Affäre wie auch die schmierige Affäre um seine mutmaßlichen Schweigegeld-Zahlungen an den Pornostar Stormy Daniels. Aus Sicht des erratischen Präsidenten wäre es wohl keine große Sache, wenn seine Korea-Kehrtwende von heute, morgen schon wieder nur so eine Idee war. Nur - Weltpolitik ist keine Reality-TV-Show. Worte haben Konsequenzen. Erst recht die des Führers der Supermacht USA. Und sei es bloß massiver Glaubwürdigkeitsverlust, wenn andere Akteure zu dem Schluss gelangten, Trump sei kein seriöser Verhandlungspartner. Genau darin besteht die Gefahr hinter der Blitzzusage der Einladung des nordkoreanischen Diktators. Es gehört schon einige Vermessenheit dazu, zu glauben, ohne die mühselige Vorarbeit von Unterhändlern zu Ergebnissen gelangen zu können. Was Trump-Fans als "erfrischend" neuen Zugang zur Außenpolitik verkaufen, entsetzt dagegen erfahrene Diplomaten. In seiner Selbstherrlichkeit glaubt dieser Präsident, auf Expertise verzichten zu können. Es gibt bis heute weder einen Botschafter in Seoul noch einen für die Region zuständigen Ministerial-Direktor. Zu allem Überfluss ging gerade auch der langjährige Nordkorea-Spezialist des Außenministeriums in den Ruhestand. Trump hält es nicht einmal für nötig, sich mit seinem Außenminister abzustimmen, dem bei den Kapriolen seines Chefs schwindelig werden muss. Zwischen jetzt und Mai gibt es mehr als genug Möglichkeiten für ein Scheitern der Direktgespräche. Es fängt damit an, dass Nordkoreas staatliche Medien das Thema verschweigen, geht weiter über die nicht abgesagten Manöver der USA und Südkoreas und endet bei dem Problem, möglicherweise nicht einmal einen Gesprächsort zu finden, der für beide Seiten akzeptabel wäre. Falls es zu der Begegnung kommt, was genau könnte das Ergebnis eines Gipfelsturms ohne Sherpas sein? Wenn die Wahl zwischen "Fire and Fury" oder "Reality-TV" besteht, fällt eine Entscheidung nicht schwer. Dann ist schlecht vorbereitete Diplomatie besser als gar keine. Das Risiko besteht darin, dass ein voreiliger Kim-Trump-Gipfel, der scheitert, nur noch wenig Spielraum für eine friedliche Lösung des Atomstreits liesse.
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