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Mittelbayerische Zeitung: Moderne Heimarbeit hilft allen
Es ist höchste Zeit für einen Rechtsanspruch aufs Homeoffice. Das flexible Arbeiten erlaubt ein besseres Leben. Von Marion Koller

Regensburg (ots)

Es gibt viele Gründe, warum in jungen Familien beide Eltern arbeiten. Unverschämte Miet- und Immobilienpreise, die zwei Gehältern voraussetzen, sind nur einer. Die Frauen wollen sich auch beruflich nicht abhängen lassen. Um Eltern die Kinderbetreuung zu erleichtern, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, einen Rechtsanspruch aufs Homeoffice einzuführen. Damit liegt er richtig. Die gesetzlich verankerte Telearbeit hat viel mehr Licht- als Schattenseiten. Chirurginnen, Pflegekräfte oder Lehrerinnen können nicht zuhause arbeiten, viele andere Berufstätige durchaus. Zwölf Prozent sind in Deutschland im Homeoffice tätig, bis zu 40 Prozent könnten es nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sein. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) spricht sich dagegen aus. Sein Argument: Sinnvoller sei es, die Kinderbetreuung weiter auszubauen. Eine klare Mehrheit der Bürger, beinahe 70 Prozent, wünscht sich aber nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov ein Recht, zum Teil von zuhause aus zu arbeiten. Ein Gesetz würde - wie bei der Teilzeit - das Thema vorantreiben und die oft unsinnige Anwesenheitskultur in den Unternehmen aufweichen. Eltern profitieren. Die Schulkinder, für die es zu wenig Hortplätze gibt in Deutschland, können Hausaufgaben erledigen, während Mama oder Papa im Nebenzimmer über dem Laptop brütet. Erkrankt das Kind, kann ein Elternteil präsent sein und von daheim das Geld verdienen. Schließt die Kita eine Stunde früher, als der Arbeitstag endet - kein Problem. Pendler sparen sich Fahrzeiten und Staus. Nebeneffekt: Die Straßen werden zur Rushhour entlastet. Gerade in der staugeplagten Region Regensburg ist das ein starkes Argument. Das alles erhöht die zeitliche Autonomie der Berufstätigen und trägt zu einer bessere Life-Work-Balance bei. Untersuchungen bestätigen, dass diese zufriedenen Mitarbeiter hochmotiviert und leistungsbereit sind. Alle hängen Überstunden an. Unternehmen wie Krones im Kreis Regensburg, die heute schon mobiles Arbeiten anbieten, ziehen eine positive Bilanz. Der Maschinenbauer ist sehr zufrieden und sieht deutlich mehr Vor- als Nachteile für Arbeitgeber und Beschäftigte. Nachbarländer zeigen sich fortschrittlicher als Deutschland. In Schweden nutzt mehr als ein Viertel der Beschäftigten die Telearbeit. Die Niederlande haben den Rechtsanspruch 2016 eingeführt. Freilich müssen Arbeitnehmer gut organisiert sein, um sich im Homeoffice nicht selbst auszubeuten. Das gilt besonders für Mütter. Denn sie arbeiten daheim nicht nur mehr für die Firma, sondern kümmern sich intensiver als die Väter um Kinder und Küche. Das hat eine neue Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung bestätigt. Es besteht die Gefahr, dass die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf verschwimmen und Dauerstress entsteht. Deshalb sollten sich Frauen klar mit dem Partner absprechen. Die fairste Lösung: Dass beide Teilzeit arbeiten und den Nachwuchs betreuen. Dann wird das Homeoffice nicht zur Überforderung - und zur Karrierefalle - für Frauen. Auch sollte niemand ausschließlich mobil arbeiten, denn dann lauert die Einsamkeit und wichtige Informationsströme laufen vorbei. Berlin sollte nicht nur die Weichen für das Homeoffice stellen, sondern endlich auch das Ehegattensplitting reformieren. Es setzt die falschen finanziellen Anreize, weil es das Zweiteinkommen stark besteuert. Damit werden die alleinige Teilzeittätigkeit von Müttern und damit das hohe Lohngefälle zwischen den Geschlechtern zementiert. Bundeswirtschaftsminister Altmeier soll im Übrigen die Kitas ruhig ausbauen. Das widerspricht keineswegs dem Rechtsanspruch aufs Homeoffice.

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