Mittelbayerische Zeitung: Spenden sind nötig - und gefährlich Daimler streicht die Parteispenden und wirft damit ein Schlaglicht auf eine seit Jahren andauernde Debatte, die auch Regensburg bewegt. Von Christine Strasser
Regensburg (ots)
Politische Landschaftspflege ist ein Ausdruck, der die Regensburger Kommunalpolitik umweht wie ein eiskalter Hauch. Der suspendierte OB Joachim Wolbergs ist angesichts von Wahlkampfspenden verschiedener Bauträger in juristische Auseinandersetzungen verstrickt. Selbst wenn in dem vor dem Landgericht laufenden Korruptionsprozess wie geplant im Sommer ein Urteil fällt, ist das noch lange nicht das Ende. Wolbergs wird sich einem weiteren Verfahren stellen müssen - mindestens einem. Die Ermittlungsverfahren gegen Alt-OB Hans Schaidinger, den Landtagsabgeordneten Franz Rieger sowie Stadtrat Christian Schlegl sind weiter bei der Staatsanwaltschaft anhängig. Den CSU-Politikern könnte also ebenfalls noch Ärger ins Haus stehen. Parteispenden sind in der Region schon lange ein Reizwort. Auf Bundesebene ist nun ebenfalls wieder einmal eine Debatte darüber entflammt. Der Automobilkonzern Daimler hat angekündigt, dass alle Parteispenden gestrichen sind. In einem Jahr mit vier Landtagswahlen und der Europawahl ist das bitter für CDU, CSU, SPD, FDPund Grüne, die noch 2018 darauf setzen konnten, im Frühjahr einen Geldregen zu bekommen. Über die Gründe für die Entscheidung bei Daimler kann man nur spekulieren. Die Spendenbereitschaft deutscher Großunternehmen und von Verbänden ist aber schon in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Parteispenden werden - befeuert auch von dem jüngsten Skandal um die AfD - zunehmend kritisch betrachtet. Gleichzeitig verhält es sich mit Spenden als Finanzierungsform - frei nach Winston Churchill - ähnlich, wie mit der Demokratie. Es ist womöglich die Schlechteste aller Regierungsformen, ausgenommen alle anderen. Im Grundgesetz steht, dass Parteien an der Willensbildung des Volkes mitwirken. Sie speisen den Willen der Bevölkerung ins demokratische System ein - unabhängig vom Staat. Das können die Parteien jedoch nur, wenn sie über finanzielle Mittel verfügen. Aber woher soll das Geld kommen? Eine vollständige Parteienfinanzierung durch den Staat stünde im Widerspruch zum Grundgesetz. Und mit Mitgliederbeiträgen allein kommen Parteien nicht weit. Spenden sind folglich notwendig. Gleichzeitig stellen sie eine Gefahr dar. So ein System setzt Selbstkontrolle und Anstand voraus, die im politischen Geschäft - wie andernorts auch - nicht überall greifen. Der Verfassungsrechtler und Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim hat durch seine Enthüllungen Missbrauch und Versuchungen aufgezeigt. Klar ist: Wer große Summen an die Politik zahlt, verspricht sich etwas davon. Unternehmen, Banken oder Versicherungen, die sämtliche großen Parteien regelmäßig mit Spenden bedenken, werden nicht von edlen staatsbürgerlichen Motiven angetrieben. Sie möchten die Politik für sich gewogen stimmen. In der Demokratie ist das aber auch heikel. Politischer Einfluss soll von überzeugenden Argumenten abhängen, nicht vom Geld. Alle Bürger sind gleichberechtigt, unabhängig von der Größe des Vermögens. Die Parteiendemokratie lebt vom offenen und fairen Wettbewerb. Von Transparenz kann aber nicht die Rede sein, wenn Spenden erst ab einer Grenze von 10 000 Euro veröffentlich werden müssen und das auch erst mit langem Nachlauf. Darüber hinaus fehlen im Parteiengesetz bislang Regelungen für das Parteiensponsoring. Für Firmen, die sich auf Parteitagen an messeartigen Ständen präsentieren oder auf anderen Veranstaltungen ihr Logo platzieren, gelten bislang keine Transparenzpflichten. Das Sponsoring kann obendrein anders als die Parteispenden steuerlich geltend gemacht werden. Wenn Unternehmen wie Daimler also ankündigen, keine Spenden mehr zu zahlen, heißt das nicht, dass sie sich aus der Parteienfinanzierung zurückziehen. Ganz im Gegenteil.
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