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Die Ärmsten trifft es am härtesten
Schon vor der Corona-Krise waren mehr als 1,5 Millionen Kinder auf Hartz IV angewiesen. Nun könnte die Zahl deutlich steigen. Leitartikel von Jana Wolf

Regensburg (ots)

Vor zwei Monaten gab es eine traurige Nachricht: Mehr als 1,5 Millionen Kinder in Deutschland sind auf Hartz IV angewiesen und diese Zahl ist in den vergangenen drei Jahren kaum gesunken - trotz guter Konjunktur und robustem Arbeitsmarkt. Das hat der Deutsche Gewerkschaftsbund auf Basis von Arbeitsagentur-Daten ausgewertet. Vor zwei Monaten, da war die Welt noch eine andere. Corona noch ein ferner Begriff, die Krise und ihre Folgen unvorstellbar. Seitdem hat sich alles verändert, aber diese Zahl ist geblieben. Etwa jedes fünfte Kind in unserem Land ist von Armut bedroht. Und die Gefahr ist groß, dass es durch die aktuelle Lage deutlich mehr werden. So schätzt es auch das Deutsche Kinderhilfswerk ein. Die Corona-Krise trifft die Schwächsten in unserer Gesellschaft besonders hart. Die meisten dieser 1,5 Millionen betroffenen Kinder leben in einem Haushalt, in dem wenigstens ein Elternteil erwerbstätig ist - zumindest war das bei Bekanntgabe der Zahlen noch so. Doch heute brechen reihenweise Jobs und Aufträge weg. Die Geldnöte vieler Familien und besonders auch vieler Alleinerziehender wachsen. Hinzu kommt, dass Schulen, Kinderhorte und Tagesstätten geschlossen sind. Für viele Kinder aus ärmeren Verhältnissen fällt damit nicht nur das zweite Zuhause weg, sondern auch das warme Mittagessen. Nicht alle Eltern können es ersetzen, weil ihnen schlichtweg das Geld für die regelmäßigen Mahlzeiten fehlt. Diejenigen, die den Betroffenen eine wichtige Stütze sein können, arbeiten derzeit eingeschränkt oder unter erschwerten Bedingungen. Es sind die Kräfte in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen. Sie können zwar die finanziellen Nöte nicht unmittelbar auffangen. Aber sie bieten Hilfe bei Behördengängen und ein offenes Ohr bei Sorgen. Diese Hilfe und Zuwendung ist unerlässlich. Doch die aktuellen Kontaktverbote verhindern es eigentlich, dass Sozialarbeiter die betroffenen Kinder oder Familien zu Hause besuchen. Dass die Kinder- und Jugendhilfe als systemrelevant eingestuft wurde, ist ein gutes symbolisches Zeichen. Doch Symbole reichen in dieser Lage nicht. Diesen Fachkräften müssen auch unter Corona-Bedingungen persönlichen Kontakt halten können - besondern bei Familien mit großen Problemen und akuten Gefahren für die Kinder. All diese Probleme sind politisch erkannt, doch die Lösungen kommen zu langsam. Während vielfältige Schutzschirme und Hilfen für die Wirtschaft im Eilverfahren eingeführt wurden, fallen die Hilfen für bedürftige Familien im Vergleich dürftig aus. Betroffene können zwar einen Kinderzuschlag von bis zu 185 Euro pro Kind beantragen und die Zugänge wurden erleichtert. Das ist ein richtiger Schritt. Doch es liegen weitere sinnvolle Vorschläge auf dem Tisch. So fordert etwa das Kinderhilfswerk eine Einmalzahlung von 100 Euro für Hartz-IV-Familien und selbst die FDP schlägt eine Erhöhung von Hartz IV um bis zu 20 Prozent vor. Familienministerin Franziska Giffey dagegen will erst bis nach Ostern ein Lösungskonzept vorlegen. Das kommt zu spät. Unbürokratische und beherzte Hilfen müssen jetzt her. Solange die auf sich warten lassen, entstehen in der Bevölkerung bereits tolle Initiativen. Nur ein konkretes Beispiel: In Regensburg haben Gastronomen eine Notküche auf die Beine gestellt und verteilen seit 2. April dreimal pro Woche kostenlos Essen an Bedürftige. Solche Projekte entstehen derzeit an vielen Stellen in Deutschland. Das Engagement und die Solidarität ihrer Macher sind beeindruckend. Doch es darf nicht an ihnen alleine hängen. Je länger die Krise anhält, desto mehr verschärft sich die Lage für die Ärmsten unserer Gesellschaft. Das ist kein Plädoyer für eine vorschnelle Lockerung der Corona-Maßnahmen. Aber eines für schnelle Hilfen für diejenigen, die sie am dringendsten brauchen.

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