Covid 19 ist auch ein "Psychotest" Sind Sie ein Problemlöser oder ein Haar-in-der-Suppe-Entdecker? In der Krise zeigt es sich. Von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Die Corona-Pandemie funktioniert gut als Persönlichkeitstest: Wie viel Sicherheit brauchen Sie oder behagt Ihnen eher ein Leben mit Risiko? Überwiegen bei Ihnen Freiheitswille und Eigenverantwortung oder sollte besser der Staat die Details des Lebens regeln? Wie viel Distanz tut Ihnen gut und wie viel menschliche Nähe ist unverzichtbar? Diese Fragen taugen gut, um sich im seelischen Koordinatensystem zu verorten und Folgen auszuloten. Denn wie wir ticken, entscheidet darüber, wie wir handeln und Politik bewerten. Auch das Verteilen der Sympathien auf die zwei Unions-Kanzlerkandidaten in spe, Markus Söder und Armin Laschet, folgt diesem Muster. Unabhängig vom politischen Talent, mit dem Laschet weniger reich gesegnet ist: Bayerns Regierungschef Söder steht für Sicherheit - mit allen Einschränkungen auch für die Wirtschaft. Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege steht für Laisser-faire - mit allen Risiken inklusive höherer Neuinfektionen. Was Bürger bevorzugen, ist durch die eigene Persönlichkeitsstruktur geprägt, flankiert durch unterschiedliche Betroffenheiten. Denn so sehr Corona ein "Gemeinschaftserlebnis" ist, dem sich niemand entziehen kann, leiden einige doch besonders fürchterlich: Menschen, die Angehörige verloren haben. Bürger, denen die Pandemie die wirtschaftliche Existenz unter den Füßen wegzieht. Wie gut steckt man Krisen weg? Wo ist die eigene Sollbruchstelle? Corona zeigt: So mancher, der derzeit wild um sich schlägt oder plötzlich Verschwörungstheorien nachhängt, ist schlicht verzweifelt. Das macht die Sache nicht besser, aber verständlicher. Corona fördert dabei Kritikwürdiges in allen Abstufungen zu Tage. Zählen Sie beispielsweise eher zu den Problemlösern oder sind Sie ein Haar-in-der-Suppe-Sucher? Beide Spezies sind jetzt zu studieren. Und so sehr sich eine gewisse Grund-Skepsis empfiehlt: Notorische Bedenkenträger sind ein ärgerlicher Bremsklotz. Im Moment muss sich ein Teil der Hausärzte diesen Schuh anziehen. Die Rede ist von Medizinern, die Söders Versprechen der Gratis-Coronatests auch für Bürger ohne Krankheitssymptome torpedieren und Patienten wegschicken. Der Gerechtigkeit halber sei gesagt: Es ist offenbar nicht die Mehrheit, die so agiert. Aber es handelt sich leider auch nicht nur um Einzelfälle. Dabei hatte Bayerns Regierung mit Vorfinanzierung der Testkosten die wichtigste Barriere beiseite geräumt. Kein Arzt bleibt künftig auf seinen Kosten sitzen. Söders Testgarantie mag angesichts von 13 Millionen Bürgern im Freistaat sehr vollmundig klingen: Doch kein Mediziner musste ernsthaft fürchten, dass seine Praxis überrannt wird. Tatsächlich war der Andrang in der ersten Woche überschaubar. Für etwaige starke regionale Corona-Ausbrüche braucht Gesundheitsministerin Melanie Huml zwar einen Plan B. Aktuell aber geht vor allem zum Testen, wer vor einem Verwandtenbesuch im Altenheim oder nach der Rückkehr aus dem Urlaub Unsicherheit verspürt. Das ist auch gut so. Zu den Tücken von Corona zählt, dass es asymptomatische Verläufe gibt, bei denen das Virus unbeabsichtigt weiterverbreitet wird. Auch in diesen Fällen lassen sich nun Infektionsketten früh unterbrechen. Es ist wichtig, dass Tests nicht mehr an der Kostenfrage scheitern und speziell Bürger mit schmalem Geldbeutel nicht außen vor bleiben. Sie sind nicht in der Lage, die 150 Euro pro Test im Zweifel aus eigener Tasche zu zahlen. Weitere Hauptargumente der immer noch Skeptischen sind rasch entkräftet. Corona-Tests sind nur eine Momentaufnahme? Das gilt für jeden Test. Testwillige tragen Infektionsgefahren in die Praxis? Dieses Risiko geht grundsätzlich von jedem Patienten aus. Die Widerstände beweisen vor allem eines: Auch für Hausärzte ist Covid 19 ein "Psychotest". Das Wegbrechen alter Sicherheiten verstört quer durch alle Gesellschaftsschichten.
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