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Transparenz beim Impfen gefragt
Die Mainzer Firma Biontech weckt große Hoffnungen. Die Impf-Reihenfolge muss klug durchdacht und für die Bevölkerung nachvollziehbar sein. Von Jana Wolf

Regensburg (ots)

Es gibt sie doch, die guten Nachrichten, auch mitten in der Pandemie. Die baldige Zulassung eines Impfstoffs gegen Covid-19 wird immer wahrscheinlicher. Ganz zu Recht hat die Ankündigung der Mainzer Firma Biontech, die gerade einen Zulassungsantrag für das von ihr entwickelte Vakzin gestellt hat, auf breiter Ebene für ein Aufatmen gesorgt. Man sehe einen Silberstreifen am Horizont, hört man aus der Politik. Von einem "Gamechanger" spricht manch ein Mediziner. Und an der Börse waren regelrechte Freudensprünge zu verzeichnen. Wenn beiBiontech alles glatt läuft, könnten schon Ende des Jahres die ersten Menschen geimpft werden.Wenn, dann - noch steht der Impfstoff für die Bevölkerung nicht bereit und natürlich kann es auf den letzten Metern des Zulassungsverfahrens noch Rückschläge geben. Das sei trotz aller Euphorie mitbedacht. Und doch ist schon die Aussicht auf Entspannung für den strapazierten Gesundheitssektor und die unter Druck stehende Wirtschaft, auf eine Normalisierung unsers alltäglichen Lebens mitten im Teil-Lockdown ein wohltuendes Signal.Dieser Hoffnungsschimmer ist der Wissenschaft zu verdanken, die schon jetzt Herausragendes geleistet hat. Während die Entwicklung neuer Impfstoffe üblicherweise fünf bis zehn Jahre dauert, ist das dem Biontech-Forscherpaar Ugur Sahin und Özlem Türeci in acht bis zehn Monaten gelungen. Bemerkenswert ist auch die Wirksamkeit des Vakzins. Studien deuten darauf hin, dass der Impfstoffkandidat einen 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 bieten könnte. Renommierte Immunologen wie der US-Amerikaner Anthony Fauci haben bislang mit einer möglichen Impfwirkung von 50 bis bestenfalls 70 Prozent gerechnet. Schon so oft hat sich die Wissenschaft in der Pandemie als erhellender Berater erwiesen. Auch diesmal liefert sie einen Lichtblick.Doch mit dem Impfstoff allein lösen sich nicht alle komplizierten Fragen in Wohlgefallen auf. Die Impfdosen müssen freilich erst verteilt und nach einer klug durchdachten Strategie unters Volk gebracht werden. Zwar hat Deutschland sich gemeinsam mit der EU schon millionenfachen Zugriff gesichert. Dennoch wird der Impfstoff auch hierzulande nicht von Beginn an für alle reichen. Es braucht also einen Plan, welche Personengruppen zuerst geimpft werden. Die Impf-Reihenfolge muss auch nach ethischen Maßstäben austariert werden. Sie transparent und schlüssig zu erklären, ist Aufgabe der Politik.Das Ziel der Verteilung ist dabei noch relativ leicht benannt: Es sollte so geimpft werden, dass möglichst viele Infektionen mit schweren Verläufen verhindert werden. Deutlich schwieriger zu beantworten ist allerdings die Frage, welche Reihenfolge daraus folgt. Die schnelle Antwort lautet: Alte Menschen, Vorerkrankte und Beschäftigte im Gesundheitsbereich sollen Vorrang haben. Doch in einer Bevölkerung, in der gut 23 Prozent über 60 Jahre alt sind und 30 bis 40 Prozent als vorerkrankt gelten, ist damit das Problem noch nicht gelöst. Die Regeln zur Verteilung müssen also feiner justiert werden.Auch hier kann die Wissenschaft wertvollen Rat geben. Es ist zu begrüßen, dass der Deutsche Ethikrat, die Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina sich diesen Fragen widmen und gemeinsame Positionen formuliert haben. Doch die Debatte sollte nicht in der hohen Wissenschaft verharren, sondern in die breite Öffentlichkeit getragen werden. Die Impfstrategie wird nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn für die Bürger auch nachvollziehbar ist, wer beim Impfen zuerst drankommt.All diejenigen, die sich gegen das Impfen verwehren, sei gesagt: Keiner muss, denn es wird keine Impfpflicht geben. Doch vielleicht können sie sich an der Hoffnung erfreuen, dass das alte Leben aus Vor-Corona-Zeiten wiederkommt. Es schimmert am Horizont.

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