Waldschutz: Hessen kann von Thüringen viel lernen
Greenpeace fordert Einrichtung eines Nationalparks Kellerwald
Kassel (ots)
Gruppenbild mit Greenpeace: Als sich heute Vormittag die Landesregierungen von Hessen und Thüringen zum Fototermin in Kassel trafen, gesellte sich Greenpeace als Überraschungsgast dazu. Während die Ministerpräsidenten Roland Koch und Bernhard Vogel mit ihren Kabinettskollegen auf der Treppe des Museum Fridericianum in die Kameras lächelten, fuhr langsam eine dunkelblaue Limousine vor. Fünf Greenpeacer in Schlips und Kragen stiegen aus dem Wagen, stellten sich vor die Politiker und entrollten blitzschnell ein großes Banner mit der Botschaft "Keine 'Dummheiten' mehr, Herr Koch - Der Osten zeigt, wie Waldschutz geht - Nationalpark Kellerwald jetzt!".
Die hessische Polizei hatte am Morgen bereits Greenpeace-Kletterer vom Dach des Museums geräumt. Entsprechend schnell griffen die Beamten beim "Gruppenfoto" durch und versuchten, die Greenpeacer gewaltsam von der Treppe zu räumen, was aber nicht gelang.
"Wir protestieren dagegen, dass Ministerpäsident Koch im Kellerwald die Kettensägen anwerfen und Buchen aus der Zeit Goethes abholzen lässt. Hessen sollte sein letztes unberührtes Waldgebiet zum Nationalpark machen, so wie es Thüringen und andere ostdeutsche Bundesländer vormachen," sagt Greenpeace-Forstexperte Martin Kaiser.
Hessen kann in Sachen Waldschutz noch viel von Thüringen lernen. Bereits 1998 richteten die Thüringer den Hainich-Nationalpark zwischen Eisenach und Bad Langensalza ein und sicherten so den Schutz des wertvollen Kalk-Buchenwaldes. Und das, obwohl Thüringen deutlich weniger Finanzmittel zur Verfügung stehen als Hessen. Auch andere ostdeutsche Bundesländer wie Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben durch Einrichtung von Nationalparken dem Waldschutz oberste Priorität eingeräumt.
Obwohl Hessen mit 42 Prozent Waldfläche eines der waldreichsten Bundesländer ist, werden nur 0,12 Prozent dieser Wälder nicht forstlich bewirtschaftet. Der Kellerwald zwischen Waldeck und Frankenau macht mit 5724 Hektar gerade 0,6 Prozent der hessischen Waldfläche aus. 1,9 Millionen Mark soll das örtliche Forstamt in diesem Jahr aus dem Abholzen der alten Buchen erwirtschaften, erst die Hälfte davon ist bisher "erlöst". Ende März wurden im Kellerwald 700 Buchen gefällt, die durchschnittlich 120 Jahre alt waren. Seit zwei Wochen beobachtet Greenpeace vor Ort, ob weitere alte Buchenbestände eingeschlagen werden.
Der Kellerwald ist ein in Europa einzigartiger, sehr naturnah erhaltener Buchenwald. Für diesen Waldtyp, den bodensauren Buchenwald, gibt es in Mitteleuropa noch kein Großschutzgebiet. Nicht nur Greenpeace und andere Umweltverbände, sondern auch der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, Hartmut Vogtmann, und Bundesumweltminister Jürgen Trittin sprachen sich für die Einrichtung eines Nationalparks aus. Martin Kaiser: "Deutschland kann nicht den Erhalt von Urwäldern und Artenvielfalt in Amazonas oder Kanada fordern und im eigenen Land jahrhundertealte Wälder zur Abholzung freigeben. Ein Nationalpark Kellerwald wäre für Hessen und ganz Deutschland ein Gewinn."
Achtung Redaktionen! Rückfragen bitte an Martin Kaiser, Tel. 0181-8780-817 oder Pressesprecherin Maja Buhmann, Tel. 0171-8780-778. Internet: www.greenpeace.de
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