3sat-Zukunftsmagazin "nano" zeigt vierteilige Reihe: "Wie's der Zufall so will - Forschung mit mehr Glück als Verstand"
Mainz (ots)
Vom 30. September bis zum 2. Oktober und am 4. Oktober 2002, jeweils ab 18.30 Uhr
Neu: Titel und Text des Beitrags am 2. Oktober
Was haben Plastikflaschen und Teflonpfannen mit Anti-Immun-Medikamenten und "Post-it"-Notizzetteln zu tun? Erst einmal nichts. Aber ebenso wie viele andere Dinge des täglichen Lebens wurden sie zufällig entdeckt - meist bei der Suche nach etwas völlig anderem. "nano" erzählt in einer vierteiligen Reihe die spannenden Geschichten großer Zufallsentdeckungen und zeigt, dass unbeabsichtigte Erfolge selten wirklich nur reiner Zufall waren. Freiheit für die Forschung und vor allem Wissenschaftler mit Spürsinn, Kreativität und Neugier waren meist mit am Werk, wenn nicht geplante Entdeckungen gemacht wurden.
Teflon - Zufallskarriere eines Kältegases/Montag, 30. September: Die Teflon-Pfanne verdankt der zivilisierte Mensch nicht wie oft behauptet der Weltraumforschung, sondern dem Zufall. Roy Plunkett, Erfinder der Wunder-Substanz, suchte in den dreißiger Jahren nach einem neuen Kältemittel für Kühlschränke. Fluor-Verbindungen wie das Gas Tetra-Fluor-Ethylen schienen viel versprechend, da sie ungiftig und nicht brennbar sind. Plunkett bewahrte die Gasflaschen normalerweise im Kühlschrank auf; eine allerdings hatte der damals 26-jährige Forscher auf dem Labortisch stehen lassen. Statt Gas fand er später ein weißes Pulver darin - Poly-Tetrafluor-Ethylen oder besser bekannt als Teflon. Erst einige Jahre später konnte Teflon seine einzigartigen Eigenschaften ausspielen: Die Konstrukteure der Atombombe mussten für ihre stark korrosiven Uranverbindungen Behältnisse finden. Man erinnerte sich des eigenartigen Pulvers.
Die Weltraumingenieure entdeckten erst über ein Jahrzehnt später das Teflon - beispielsweise als Schutzschicht auf den Raumanzügen. Die Teflonpfanne gab es da bereits seit Jahren! Und dann war da noch der Jungunternehmer Bob Gore, der Dichtungen aus Teflon herstellte. Als er versuchte, das Material zu strecken, erhielt er eine hauchdünne Teflon-Membran. Wie sich zeigte, war sie wasserdicht, ließ aber Wasserdampf passieren. Gore-Tex sorgt seither für trockene Haut und trockene Füße. Teflon - am Morgen des 6. April 1938 entdeckt, per Zufall.
"Post-it"-Notizzettel - Verlegener Erfinder bringt beim Chorgesang zufällig 1 und 1 zusammen/Dienstag, 1. Oktober: Auf der Straße erkennt kaum jemand diesen freundlichen älteren Herren, und doch benutzt fast die ganze Welt seine einfache und geniale Erfindung: Der US-Amerikaner Art Fry ist der Vater der "Post-it"-Zettel. Er hat weder das Papier noch den Klebstoff erfunden, aber er hat sie vor zwanzig Jahren als erster kombiniert. Heute gibt es rund 250 verschiedene "Post-it"-Produkte, eine Entdeckung, die er nie suchte. "Eines Sonntagmorgens im Chor fielen die Lesezeichen aus meinem Gesangbuch, und ich wusste nicht, welches Lied als nächstes kam", erzählt Fry. Ein kleb- und beschreibbares Zeichen müsste also her. "Ich fragte mich, ob wohl ein neuer Klebstoff dafür geeignet wäre, den ein Kollege entwickelt hatte." Dieser habe eigentlich unsere Dauer-Kleber verbessern wollen - der neue Stoff sei auch prima gewesen, nur leider klebte er nicht stark genug. Aber so ein Klebezettel müsse sich ja auch wieder rückstandsfrei entfernen lassen ...
Polyethylen - Plastik aus Zufall/Mittwoch, 2. Oktober: Polyethylen und Polypropylen sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Von der Tragetasche bis zum Bobbycar, Schüsseln im Haushalt, Kosmetikbehälter im Bad, Trinkflaschen beim Sport - der Alltag ist voll von dem genialen Material. Dass es soweit kommen konnte, verdanken wir dem Zufall, denn die Kunststoffe wurden nicht gezielt entwickelt. Der Siegeszug des Polyethylens begann in einem Druckgefäß im Mühlheimer Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Nachdem dort jemand zufällig das Edelstahlgerät besonders gründlich mit Nickel lösender Salpetersäure gereinigt hatte, bemerkten Forscher, dass Edelmetalle Einfluss auf die Synthese von Kunststoffen haben - zuvor ließen sie sich nur sehr aufwendig unter hohem Druck herstellen. Für die Entdeckung des Kunststoff-Katalysators bekam der Leiter des Instituts, Karl Ziegler, 1963 den Nobelpreis für Chemie.
Cyclosporin - Ein Mitbringsel wird Medikament/Freitag, 4. Oktober: Diese Zufallsentdeckung verhalf vielen Menschen zu einem zweiten Leben: Cyclosporin. Eingesetzt wird dieses Medikament seit 1983 in der Transplantationsmedizin, denn es verhindert, dass Spenderorgane abgestoßen werden. Das Medikament verdanken die Patienten dem Brauch der Mitarbeiter des Schweizer Sandoz-Konzerns, den Kollegen aus jedem Urlaub ein kleines Mitbringsel zu schenken. 1970 war dies eine Bodenprobe aus Norwegen, auf dem Sandoz-Forscher zufällig einen unbekannten Pilz fanden, der beim so genannten "zufälligen Durchmustern", ein routinemäßiger Test auf antibiotische Wirkung, zwar durchfiel, der Firma aber wenig später Erfolg bescherte. Er kann gezielt organabstoßende Reaktionen des Körpers unterdrücken - das konnte bis dahin kein anderes Medikament.
Es moderiert Ingolf Baur.
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