PHOENIX PROGRAMMHINWEIS
Mittwoch, 20. September 2000
Bonn (ots)
20.15 Uhr Schwerpunkt Deutschland - (K)ein Land für Kinder?
Viele Familien in Deutschland leben am Rande des Existenzminimums. Familie und Beruf lassen sich oft nicht vereinbaren. Im europäischen Vergleich gehört Deutschland bei der Kinderbetreuung zu den Schlusslichtern. Mütter oder Väter, die Zuhause bleiben, werden oft belächelt und an den Rand der Leistungsgesellschaft gedrängt. Ihre soziale Absicherung lässt zu wünschen übrig. Die Entscheidung gegen ein Kind führt zur Überalterung der Gesellschaft und gefährdet die Rente. Hohe Mieten zwingen Familien in die Randgebiete großer Städte. Das Ergebnis: In Innenstädten müssen Schulen schließen, weil es zu wenig Schüler gibt. In den Randgebieten platzen Schulen und Kindergärten jedoch aus den Nähten. Außerdem wird der Unterricht in den Schulen immer schwieriger, weil die Schule als Verwahrungsanstalt angesehen wird. Die Kinder leiden unter Konzentrationsschwäche, weil sie vernachlässigt werden. Auch die Kinderarmut in Deutschland nimmt ständig zu. Beispielsweise leben in Stuttgart über 600 Kinder auf der Straße. Es gibt darüber hinaus eine steigende Jugendarbeitslosigkeit.
Nicht zuletzt gibt es schließlich eine hohe Dunkelziffer zur Gewalt oder dem Missbrauch von Kindern. Von politischen Entscheidungen sind Kinder und Jugendliche weitgehend ausgeschlossen. Auf der anderen Seite können Kindergartenplätze inzwischen eingeklagt werden, das Verfassungsgericht hat die Regierung verpflichtet, die Familie stärker zu fördern, die Regelungen zum Erziehungsurlaub wurden geändert. Ist Deutschland ein kinderfreundliches Land? Alfred Schier diskutiert mit Bundesfamilienministerin Christine Bergmann und Franz Resch, Deutsche Liga für das Kind.
Interessierte Zuschauer können sich über die Hotline 01802 - 8217 und per Fax 01802 8213 an der Diskussion beteiligen
14.15 Held der Arbeit Walter Riesters Kampf um das Bündnis
Vordenker, Querdenker, Modernisierer - lobende Worte für den neuen Bundesarbeitsminister Walter Riester hat man beim Start der rot-grünen Regierung häufig gehört. Doch kann ausgerechnet er, der politische Seiteneinsteiger, die Erneuerung der Sozialsysteme durchsetzen? Widerstände gibt es sogar in der eigenen Partei, der SPD. Die Bilanz von Riesters ersten Monaten im Amt ist ernüchternd: Der Kompromiss beim 630-Mark-Gesetz ist möglicherweise verfassungswidrig, seine "Tariffonds" werden von beiden Tarifpartnern abgelehnt, die Arbeitsmarktzahlen weisen steigende Tendenz auf. Bleibt die Hoffnung auf das von Riester moderierte "Bündnis für Arbeit". Nach 25 Jahren Tätigkeit in der Gewerkschaft sieht er sich für die Aufgaben gut gerüstet. Schließlich ist er durch viele Arbeitskämpfe gestählt und hat an wegweisenden Tarifregelungen mitgewirkt, die ihm auch Respekt im Arbeitgeberlager verschafft haben. Und gerade von denen hängt es ab, ob der Ex-Gewerkschafter zum Held der Arbeit avancieren wird.
Ein Film von Rainer Kamm
Wirtschaft und Soziales 19.15 Uhr Die Hoechst-Familie Aufstieg und Fall der Rotfabrik
"Es wird Geburten geben und es werden Geschwister entstehen", schwärmt Vorstandssprecher Jürgen Dormann von der Zukunft der alten Hoechst-Familie. Nach der Fusion mit dem französischen Chemieriesen Rhone-Poulenc sah er neue Marktchancen, riesige Gewinne und ungeahnte Globalisierungsmöglichkeiten. "Wenn ich dem Jürgen Dormann was sagen könnte", hält ein Arbeiter dagegen, "dann wäre das: Vergiss deine Kinder aus der ersten Ehe nicht." Angst geht um in Höchst, in Vergessenheit zu geraten, Angst vor der Zukunft, Angst vor der Arbeitslosigkeit. Die Arbeitsplätze sind den meisten bislang erhalten geblieben, dennoch haben alle das Gefühl, verloren zu haben, denn die "Rotfabrik", wie die Firma "Hoechst" im Volksmund hieß, war weit mehr als ein Arbeitsplatz - sie war wie ein Zuhause. Der Film zeichnet die Familiengeschichte des Unternehmens nach. Zugleich ist der Film ein Rückblick auf über 130 Jahre lebendige Industriegeschichte, auf den "Aufstieg und Fall der Rotfabrik": angefangen bei der Gründung der Firma "Meister, Lucius und Brüning" im Jahr 1863 über den Aufstieg zum Chemiegroßbetrieb mit herausragenden Sozialleistungen bis hin zum Zusammenschluss mit der I.G. Farben und damit der Beteiligung an nationalsozialistischen Verbrechen. Erzählt wird, wie die nach dem Krieg neu gegründete Hoechst-AG schnell zu einem der weltweit führenden Chemieunternehmen aufstieg und sich zwei Jahrzehnte Angriffen durch Umweltschützer ausgesetzt sah. All das hat das Unternehmen unbeschadet überstanden - bis der Vorstand das Ende der Familiengeschichte beschloss. So hat es in den vergangenen zehn Jahren mehr Veränderungen gegeben als in den 120 Jahren davor.
Dokumentation von Tobias Bange
Rückfragen: PHOENIX-Kommunikation Tel: 0228/9584-193
Original-Content von: PHOENIX, übermittelt durch news aktuell