Djindjic fordert Unterstützung im Grenzgebiet zum Kosovo
Nato ein nicht mehr zeitgemäßer Dinosaurier
Zoran Djindjic im Gespräch mit Martin Schulze
Freitag, 15. Dezember 2000, 21.00 Uhr
Bonn/Berlin (ots)
In einem PHOENIX-Interview hat sich der serbische Ministerpräsidenten-Kandidat Zoran Djindjic gegenüber Martin Schulze ausführlich für den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft ausgesprochen. Er gab aber gleichzeitig zu, in Serbien in dieser Frage nicht die Mehrheit hinter sich zu haben. Aber "In Serbien ist Konsens, dass wir nach Europa wollen und nicht nach Asien".
Kritisch äußerte sich Djindjic zum Krieg mit der Nato: "Das Bombardement war falsch, aber wir müssen uns auf die Zukunft fokussieren und mit unseren ehemaligen Feinden Freundschaft schließen". Er hoffe, dass die internationalen Kräfte noch lange auf dem Balkan bleiben werden. "Ich erwarte Unterstützung in der entmilitarisierten Zone zwischen Serbien und dem Kosovo, wo momentan kosovarische Terroristen die Macht haben". Der Prozess der Nationenbildung auf dem Balkan sei noch nicht beendet. Djindjic stellt fest, "die Minderheiten haben gut gelebt, bis man sie durch Kämpfe beschützen wollte, jetzt sind eine Million serbische Flüchtlinge in Serbien, die vorher im Kosovo und Montenegro friedlich gelebt haben".
Diese Hilfe müsse aber nicht von der Nato kommen, die er als anachronistische Einrichtung bezeichnet "Die Nato ist ein Dinosaurier, nicht mehr zeitgemäß".
Er spricht sich gegen die Trennung von Serbien und Montenegro aus, da so nur neue Minderheitenprobleme erzeugt würden. Vielmehr plant Djindjic, die Region dadurch in die westliche Welt zu integrieren, dass die Region entmilitarisiert wird, einen gemeinsamen Markt bildet, eine funktionierende Infrastruktur bekommt und Technologien entwickelt.
Hierbei hoffe er auf finanzielle Hilfe aus Europa und besonders aus Deutschland, die ihm bereits zugesagt worden sei. " Wenn wir die Unterstützung bekommen, reicht das für die Renten" und führt aus, "wenn wir die Korruption und den Schmuggel stoppen, können wir über den Winter kommen".
Im Interview mit PHOENIX-Moderator Martin Schulze äußert sich der voraussichtliche zukünftige Präsident Serbiens dazu, dass er in seiner Heimat lange als Spion galt, "ich bin stolz darauf, in den letzten zehn Jahren eine demokratische Partei aufgebaut zu haben. Ich bin immer angetreten, Serbien zu modernisieren".
Für seinen ärgsten Feind, Milosevic , verlangt Djindjic einen rechtsstaatlichen Prozess in Serbien, "er ist ein Dieb und Betrüger und muss sich dafür verantwortlich machen". Das sei keine politische, sondern eine rechtsstaatliche Entscheidung. Für Djindjic ist es unerlässlich, dass Milosevic sich erst in Serbien verantworten müsse und danach vor internationale Gerichte komme.
PHOENIX sendet das ganze Interview in seiner Reihe Vis-á-vis morgen Abend um 21.00 Uhr
Rückfragen: PHOENIX-Kommunikation Tel. 0228/9584- 193
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