Juncker: Scheitern der EU-Verfassung ein "kollektives Unvermögen"
der Regierungschefs
Türkei-Verhandlungen "ergebnisoffen" führen
Bonn (ots)
Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker lehnt ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ab: "Es kann kein Ziel europäischer Politik sein, zwei getrennte Wege zu gehen", sagte Juncker in der PHOENIX-Sendung "Im Dialog" auf die Frage nach einem "Kerneuropa". Das Scheitern der EU-Verfassungsverhandlungen bezeichnete er als ein "kollektives Unvermögen der europäischen Staats- und Regierungschefs, wobei einige eine etwas stärker ausgeprägte individuelle Verantwortung tragen als andere". Bei den 15 jetzigen Mitgliedstaaten der EU aber auch innerhalb der künftig 25 Staaten seien die Differenzen sehr erheblich gewesen. "Wir brauchen jetzt eine längere Pause, wo jeder in seiner Ecke - und wir alle gemeinsam - nachdenken müssen, was wir falsch gemacht haben und wie wir das besser machen können", sagte der luxemburgische Ministerpräsident. Unter dem irischen EU-Ratsvorsitz müsse man "die Dinge einigermaßen wieder aufs Gleis bringen" und dann unter dem nachfolgenden niederländischem Vorsitz den Verfassungsauftrag erfüllen. Laut Juncker wäre es nicht wünschenswert, "wenn die verfassungslose Zeit jahrelang anhielte" Auf die Frage, ob er sich auf die Seite der "Defizitsünder" Deutschland und Frankreich geschlagen habe, sagte Juncker: "Objektiv sieht das so aus, so war es teilweise auch, aber ich habe mich vor allem auf die Seite des gesunden Menschenverstandes geschlagen." Deutschland und Frankreich zu zwingen, ihre öffentlichen Haushalte über das bereits geplante Maß hinaus zu kürzen und dann auch im Investitionsbereich zu sparen, sei verhängnisvoll für die gesamte EU. Die Eurozone komme aus dem Konjunkturtief nur heraus, wenn die Binnenwirtschaft in Deutschland und Frankreich wieder auf die Beine komme. Dies sei nicht durch übermäßiges Sparen zu erreichen, sondern "durch ein konsensuelles Konsolidierungsverfahren der nationalen Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union." In der Frage des EU-Beitritts der Türkei attestierte der christdemokratische Regierungschef dem Land "erhebliche Fortschritte". Im Dezember 2004 werde geprüft, ob die Türkei die Aufnahmebedingungen erfülle. "Und dann müssen wir Erweiterungsverhandlungen mit der Türkei in Angriff nehmen, wobei ich gerne hätte, dass wir und unsere türkischen Freunde dies als ergebnisoffenen Prozess begreifen." Ob dies zu einer Vollmitgliedschaft führen werde, liege an den "Irrungen und Wirrungen der Verhandlungen, die wir mit der Türkei führen müssen." Juncker sprach sich dabei für eine offene Diskussion in den EU- Mitgliedstaaten aus: "Ich bin sehr dagegen, dass man dies mit einem negativen Grundtenor macht", so der luxemburgische Regierungschef.
PHOENIX zeigt die Sendung "Im Dialog - Alexander Kähler und Jean- Claude Juncker" am heutigen Freitag, um 21 Uhr. Wiederholung: 0.00 Uhr.
ots-Originaltext: Phoenix
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=6511
Kontakt:
Ingo Firley
PHOENIX-Kommunikation
Telefon: 0228 / 9584 195
Fax: 0228 / 9584 198
Original-Content von: PHOENIX, übermittelt durch news aktuell