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Neue Westfälische (Bielefeld)

Neue Westfälische: Die Varusschlacht als umkämpftes Mega-Ereignis Das Ende jeder Vernunft MATTHIAS BUNGEROTH

Bielefeld (ots)

Krieg ist eine blutige Sache, daran hat sich
auch 2.000 Jahre nach der Varusschlacht im Teutoburger Wald nichts 
geändert. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus beschreibt die 
Szenerie auf dem Schlachtfeld im Jahr 9 nach Christus so: "Mitten auf
dem Felde lagen bleichende Knochen, zerstreut oder in Haufen, je 
nachdem ob sie von Flüchtigen oder von einer noch Widerstand 
leistenden Truppe stammen. Daneben lagen zerbrochene Waffen und 
Pferdegerippe, an Baumstämmen waren Schädel befestigt."
Dieses blutige Gesicht des Krieges wird uns im Varusjahr in 
vielfältiger Form wiederbegegnen. In Kunstwerken, durch 
archäologische Ausgrabungsstücke, Theateraufführungen, Vorträge und 
in vielen anderen Veranstaltungen wird das historische Ereignis so 
ausführlich aufgearbeitet wie nie zuvor. Die Ausstellungsmacher 
werden zeigen, dass es absolut keinen Grund gibt, die historische 
Niederlage Roms im fernen Germanien ideologisch zu überhöhen, auch 
wenn sie als Ausgangspunkt zur Entwicklung einer deutschen nationalen
und kulturellen Identität angesehen wird.
Ideenreich machen die Organisatoren an den drei Veranstaltungsorten 
Detmold, Haltern am See und Kalkriese auf das völkerverbindende 
Element des historischen Geschehens aufmerksam. Jugendliche aus 
vielen Ländern Europas werden zu archäologischen Lehrgängen an 
Originalschauplätzen eingeladen, internationale Theaterworkshops 
finden statt. Menschen unterschiedlicher Nationalitäten werden sich 
symbolträchtig im Schatten des Hermannsdenkmals in Detmold das Jawort
geben. Eine wunderbare Antwort auf Bestrebungen der rechtsradikalen 
Szene, das Varusjahr für ihre Zwecke auszuschlachten.
Krieg fängt im Kopf an. Das gilt auch für die geistige 
Auseinandersetzung um die Frage, ob die Varusschlacht tatsächlich bei
Detmold stattgefunden hat oder doch auf dem erst seit gut 20 Jahren 
archäologisch untersuchten Gelände bei Kalkriese. Mit harten Bandagen
und übersteigertem Lokalpatriotismus kämpfen vor allem 
Hobbyhistoriker darum, den Mythos Varusschlacht für ihr Sprengel zu 
retten, und schrecken dabei auch vor Strafanzeigen gegen die 
Ausstellungsmacher in Kalkriese nicht zurück.
Von diesen Attacken unbeeindruckt, arbeiten seriöse Historiker 
ortsübergreifend zusammen an der akribischen Auswertung aller Spuren,
die das mehrtägige Gemetzel hinterlassen hat. Der Osnabrücker 
Archäologe Achim Rost schreibt im neuen Ausstellungsband von 
Kalkriese: "Die Frage der Identifizierung des Fundortes Kalkriese mit
der Varusschlacht steht dabei jedoch keineswegs im Vordergrund." Die 
Antwort auf diese Frage sei zwar verständlich, jedoch zugleich 
"oberflächlich und vordergründig".
Ein Alleinvertretungsanspruch Kalkrieses als Ort der Varusschlacht 
sieht, unabhängig von einer offensiven Vermarktung des Schauplatzes, 
anders aus. Dies sollten auch die Scharfmacher unter den 
Hobbyarchäologen zur Kenntnis nehmen.
Krieg ist vor allem eins: das Ende jeder Vernunft

Pressekontakt:

Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de

Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell

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