Neue Westfälische: KOMMENTAR Soziale Unruhen durch Wirtschaftskrise? Spiel mit dem Feuer WOLFGANG MULKE, BERLIN
Bielefeld (ots)
DGB-Chef Michael Sommer zündelt gefährlich, wenn er vor sozialen Unruhen in Deutschland als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise warnt. In vielen anderen Ländern, auch in Frankreich und Italien, ist die Lage der Arbeitnehmer deutlich prekärer. Dort sind der Zorn und die Sorgen deshalb verständlicherweise größer. Es gibt derzeit keinen Grund zu der Annahme, dass diese sicherlich außergewöhnlich tiefe Rezession in Deutschland zu einer plötzlichen Massenarmut führt oder Menschen über Nacht in Zeltlager umziehen müssen wie in den USA. Das wäre vielleicht der Fall, wenn es hier tatsächlich eine reine Marktwirtschaft gäbe, wie es von manchen immer wieder behauptet wird. Es zeigt sich vielmehr gerade in der Krise die Stärke der sozialen Marktwirtschaft. Denn Deutschland steht auch wirtschaftlich trotz allem unter den Industrienationen noch recht gut da. Es gibt Sozialleistungen und eine funktionierende Gesundheits- und Wohnraumversorgung, wenn es hart auf hart kommt. Das wissen die meisten Arbeitnehmer auch, selbst wenn sie vor berechtigter Wut über die Gier-Mentalität mancher Wirtschaftsführer die Faust in der Tasche ballen. Die Probleme lassen sich am ehesten mit einer bewährten Methode lösen. Wer stark ist, muss zur Besserung mehr beitragen als der Schwache. Die Verursacher müssen einen besonderen Anteil leisten. Genau dieser Weg wird beschritten. Das ist nicht spektakulär, sondern langwierig und ein zäher Prozess. Aber in der Vergangenheit hat sich dies bewährt, und es ist auch heute am aussichtsreichsten. Die Drohung mit sozialen Unruhen kommt einem Spiel mit dem Feuer gleich, schürt es doch die falsche Hoffnung, die da oben müssten bloß weg, dann wären alle Probleme gelöst. So einfach lassen sich komplexe Zusammenhänge vielleicht zerstören, aber nicht reparieren.
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