Neue Westfälische: KOMMENTAR Große Koalition in Kiel zerbrochen Das Chaos nervt Berlin ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
FDP-Chef Guido Westerwelle weiß ganz genau, dass es sich bei dem Bruch der Großen Koalition in Schleswig-Holstein um ein "bundespolitisches Signal" handelt. Doch Angela Merkel und Franz Müntefering schweigen. Es scheint, als würden die Spitzen der beiden Volksparteien das Erdbeben im hohen Norden am liebsten ignorieren. Zwar steht die Große Koalition in Berlin auch vor dem Ende, aber mit einem so chaotischen Scheitern, wie es gerade in Kiel vorexerziert wird, möchten weder die Union noch die SPD in Zusammenhang gebracht werden. In der Tat weist die Große Koalition in Kiel auffallende Besonderheiten auf: Die beiden Spitzen können sich nicht ausstehen. Zwischen dem bodenständigen und im Grunde unpolitischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und dem intellektuellen, ehrgeizigen Harvardabsolventen Ralf Stegner (SPD) liegen Abgründe. Der jetzige Knall mag gerade in den Augen der CDU-Landtagsfraktion ein Befreiungsschlag sein. Aber Tatsache ist, dass weder Carstensen noch Stegner bei dieser Sache gut aussehen. Carstensen wirkt seit Beginn der Wirtschaftskrise heillos überfordert. Im Umgang mit der maroden Landesbank HSH hat er solche schweren Fehler gemacht, dass selbst CDU-Wirtschaftsminister Werner Marnette entnervt aufgegeben hat. Auf der anderen Seite kann wirklich niemand ernsthaft behaupten, dass Ralf Stegner eine loyale konstruktive Stütze für den Landesvater gewesen ist. Insofern ist der Bruch tatsächlich hausgemacht. Doch kurz vor einer Bundestagswahl besitzt natürlich alles bundespolitische Bedeutung. Und deshalb nervt der Krach an der Küste die Berliner Koalitionäre und passt ihnen nicht in den Kram. Schließlich wollen die Union und vor allem auch die SPD eine erneute große Koalition nicht ausschließen. Deshalb soll das Modell nicht so abstoßend wirken wie nun in Kiel.
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