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Neue Westfälische (Bielefeld)

Neue Westfälische: Neue Westfälische, Bielefeld: KOMMENTAR Die Strategie der FDP Eine Frage des Anstands THOMAS SEIM

Bielefeld (ots)

Der Bundesaußenminister und Vorsitzende der FDP
befindet sich in Umfragen im freien Fall. Nur noch 29 Prozent aller 
Bundesbürger bewerten die Arbeit von Guido Westerwelle als gut. Vor 
einem Monat waren das noch 41 Prozent. Und auf dem Höhepunkt seines 
Ansehens schaffte er im vergangenen August sogar 53 Prozent.
Zeitgleich mit Westerwelle versinkt die FDP unter seiner Führung 
zurück ins Jammertal der einstelligen Umfrageergebnisse. Fast 15 
Prozent zur Bundestagswahl, jetzt nur noch etwa sieben in 
bundesweiten Umfragen. Und in NRW fürchten die ersten Liberalen 
schon, dass die Fünf-Prozent-Prozent-Hürde zum Wiedereinzug in den 
Landtag bei der Wahl am 9. Mai gerissen werden könnte.
Der Verfall der Zustimmung zur FDP könnte dramatischer kaum sein. Die
Liberalen haben seit der Bundestagswahl 60 Prozent ihrer Wähler 
verloren. Nur ein Drittel davon ging zurück zur Union. Zwei Drittel 
sind für die FDP für immer verloren, sagen Meinungsforscher. Es sind 
dies die Bevölkerungsgruppen, die sich von der FDP mehr 
Einkommensgerechtigkeit versprochen haben. Fleißige Frauen und 
Männer, die jeden Tag zur Arbeit gehen, obwohl sie nur wenig mehr 
Verdienst in der Tasche haben als ein Arbeitsloser, der auf staatlich
Unterstützung durch die Hartz-IV-Gesetzgebung angewiesen ist.
Diese fleißigen Männer und Frauen hat die FDP als Wähler zutiefst 
enttäuscht, weil sie nach ihrem Wahlerfolg dem alten liberalen 
Prinzip folgte und die Interessen ihrer wohklsituierten Klientel über
eine faire, sachgerechte Politik stellte. Die Verringerung der 
Mehrwertsteuer für Hoteliers und die Spenden eines der vermögendsten 
Hotel-Besitzer haben den größten Schaden für eine Partei angerichtet,
den es in Deutschland bisher gab. Selbst Rot-Grün ist nach der 
verheerenden Politik 1998 nicht so tief gefallen wie die FDP jetzt.
Man muss dies in Erinnerung bringen, um zu erkennen, warum Guido 
Westerwelle neuerdings gegen so genannte Hartz-IV-Empfänger 
polemisiert. Westerwelle kalkuliert damit, den politischen Diskurs 
abzuwenden von dem desolaten, dilettantischen und interessegeleiteten
Auftritt seiner Partei in der Regierung. Er setzt darauf, die 
Stammtische zu mobilisieren und nimmt in Kauf, dass Minderheiten 
denunziert werden, die nicht die Chance auf Öffentlichkeit haben wie 
Westerwelle, der übrigens - ganz genau genommen - als Abgeordneter 
und Minister auch aus Steuergeldern bezahlt wird und damit eine Art 
Transferleistungsempfänger ist.
Was kommt als nächstes, wenn diese Strategie nicht wirkt? Der Angriff
auf kinderlose Ehepaare, die sich an der Zukunft der 
Sozialversicherungen versündigen? Oder auf Raucher, die die Gesunden 
schröpfen?
Westerwelles FDP hetzt. Sie sucht den Beifall des arbeitenden, so 
genannten kleinen Mannes am Stammtisch. Deshalb aber geht es hier 
nicht um die Frage, ob die FDP Recht hat oder nicht. Es geht um 
politischen Anstand.
Diese Westerwelle-FDP ist unanständig.

Pressekontakt:

Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

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