Neue Westfälische (Bielefeld): NRW-CDU sucht neue Führung Spannende Alternative THOMAS SEIM
Bielefeld (ots)
Mal abgesehen von der Inthronisierung der ersten Frau im Ministerpräsidentenamt von NRW ist die CDU derzeit die eindeutig spannendere Partei in Nordrhein-Westfalen. Heute wird Norbert Röttgen offiziell seine Kandidatur für den Parteivorsitz des mitgliederstärksten Landesverbandes erklären. Er eröffnet damit einen Kampf um die Macht in der CDU an Rhein und Ruhr, der weit über NRW hinausreicht. Die Richtungsfrage: Mit Norbert Röttgen und Armin Laschet treten zwei völlig unterschiedliche Politikkonzepte gegeneinander an. Röttgen ist ein brillanter strategischer Kopf, der Politik aus einem konservativen Geist heraus formulieren kann. Er verbindet diese Inhalte mit einem großstädtischen, weltmännischen Auftreten. Das befreit ihn von jeglichem Verdacht eines kleinbürgerlichen Provinzialismus. Armin Laschet, der erste Integrationsminister in einem Bundesland, verkörpert die fortschrittlich-aufklärerische Seite der großstädtischen CDU. Er hat über Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die damalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth gearbeitet und - nicht unwichtig für seine politische Positionierung - er initiierte einen offenen Brief gegen Roland Koch, mit dem er dem hessischen Ministerpräsidenten während des Wahlkampfs in Hessen in den Rücken fiel. Laschet stammt aus Aachen, einer Großstadt, die sich durchaus einen Teil ihrer identitätsbildenden Provinzialität erhalten hat. Das ist eine klare Alternative für die CDU-Mitglieder in NRW. Die Unterstützer: Laschet ist der Kandidat der vereinigten Merkelianer in der CDU. Es ist kaum übersehbar, dass er mit der Hilfe von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla die CDU im Rheinland und auch die in (Ost-)Westfalen hinter sich versammeln konnte. Röttgen verfügt nicht über solche Parteitruppen. Unterschätzen darf man seine Fähigkeit der Machtsicherung gleichwohl nicht. Röttgen, 2006 als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Industrie im Gespräch, gewann erst 2009 eine Kampfabstimmung um die Macht im Bezirk Mittelrhein gegen den damaligen Rüttgers-Vertrauten Andreas Krautscheid, der heute Laschet unterstützt. Er kann also Mehrheiten im Kampf gewinnen. Das Rennen ist offen. Die Machtfrage: Das Berliner Interesse, vor allem das der Kanzlerin, an der CDU in NRW ist vor allem ein strategisches. Gewinnt Röttgen in NRW, dann hat Angela Merkel wieder einen mächtigen Gegenspieler am Kabinettstisch, der etwa ein Drittel aller CDU-Mitglieder repäsentiert. Das entspricht nicht dem Führungsstil, mit dem Merkel bislang alle ernst zu nehmenden Konkurrenten aus der Politik entsorgte. Für Armin Laschet ergibt sich daraus das Risiko, dass er im Kampf um NRW gegen Röttgen als Statthalter der Kanzlerin wahrgenommen wird. Das könnte ihn - von heute aus betrachtet - eher Stimmen kosten. So oder so: Das Rennen um die Macht in der NRW-CDU wird spannend. Spannender als es jetzt vielleicht noch erwartet wird.
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