Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Steuerschätzung Steuersenkung oder Griechenland HANNES KOCH, BERLIN
Bielefeld (ots)
Die Bürger müssen sich entscheiden, der Bundestag muss sich entscheiden: wohin mit dem vielen zusätzlichen Geld, das uns die Steuerschätzer für die kommenden Jahre prognostizieren? Entweder wir investieren es in unseren gegenwärtigen Konsum. Das würde heißen, die Regierung könnte die Steuern abermals senken. Oder aber wir investieren in unsere Zukunft. Dann sollten wir die Schulden senken und die finanzschwachen Euro-Staaten unterstützen. Letzteres scheint keine verlockende Alternative zu sein. Warum den demonstrierenden, verschwenderischen Griechen noch mehr gute Euros hinterherwerfen? Allerdings sieht die Sache so aus: Geht Griechenland pleite oder tritt aus der Euro-Zone aus, wäre die gesamte europäische Währung in Gefahr. Denn auch Irland, Portugal und Spanien stünden dann auf der Abschussliste der globalen Finanzinvestoren. Wir sollten, ja wir müssen uns die Rettung Griechenlands etwas kosten lassen. Denn kaum eine Volkswirtschaft profitiert so stark vom Euro und von Europa wie die deutsche. Unsere Exportindustrie ist auch deshalb so erfolgreich, weil sie ihre Produkte ohne Währungsschwankungen an die Bürger und Unternehmen der anderen Euro-Länder verkaufen kann. Unsere Arbeitsplätze hängen auch daran, dass es Griechenland gutgeht. Deshalb sollten wir nicht so kurzsichtig und egoistisch sein, den Griechen die Hilfe zu verweigern. Um diese Aufgabe auch künftig bewältigen zu können, braucht Bundesfinanzminister Schäuble erstens ein finanzielles Polster. Und zweitens muss er unsere Staatsverschuldung reduzieren, damit Deutschland als wichtigster Staat Europas finanzpolitisch stabil bleibt. Es ist besser, in den Euro und damit unseren künftigen Wohlstand zu investieren, als das zusätzliche Geld in Form einer Steuersenkung zu verfrühstücken.
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