Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Wartezeiten für Patienten Polemik PETER STUCKHARD
Bielefeld (ots)
Die Bezahlung der Kassenärzte in Deutschland ist kompliziert geregelt. So kompliziert, dass sie sich für die Beitragszahler völlig intransparent darstellt, dazu höchst ungerecht ist und geradezu absurde Folgen haben kann. Solch ein System, das sich nicht in drei Sätzen beschreiben lässt, eignet sich hervorragend für grobschlächtige Polemik zum Zwecke der eigenen Profilschärfung. Das hat Jürgen Graalmann, künftiger Chef des AOK-Bundesverbands, erkannt und genutzt. "Seht her, was für ein scharfer Typ ich bin, wie schneidig ich mich mit den Ärzten anlege", mag er sich gedacht haben, als er den Haus- und Fachärzten pauschal Faulheit und zu geringe Arbeitsstunden vorwarf. Seine Datenbasis: die Befragung von 322 von rund 132.000 Ärzten. Selbst wenn die Daten solide wären, könnten die Krankenkassen den Ärzten keinen Vorwurf machen. Die müssen nämlich nur mindestens 20 Sprechstunden pro Woche für Kassenpatienten da sein. So steht es in den Verträgen, die auch die Kassen unterschrieben haben. Es gibt aber mittlerweile Ärztinnen und Ärzte, die lieber mit dem Fahrrad an den Strand als mit dem BMW in die Praxis fahren, deshalb kürzere, aber vertragsgerechte Sprechzeiten anbieten und weniger Patienten behandeln. Natürlich gibt es auch Ärzte, die ihre Arbeitszeit lieber den lukrativeren Privatpatienten widmen - wenn sie die denn haben. Auch wenn wir Kassenpatienten uns oft darüber ärgern: Auch diese Ärzte verhalten sich vertragsgerecht. Das Doktor-Bashing übersieht die vielfältigen Ursachen der Wartezeiten bei Terminen. Die liegen auch in der ungleichen geographischen Verteilung der Arztpraxen wie in der steigenden Krankheitslast durch eine älter werdende Bevölkerung begründet. Eines steht nach wie vor fest: Nirgends in der Welt bekommt ein Patient so schnell wie in Deutschland einen Termin bei einem Spezialisten.
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