Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Afghanistan Freier Abzug DIRK MÜLLER
Bielefeld (ots)
Sollte es tatsächlich das Ziel der internationalen Intervention in Afghanistan seit 2001 gewesen sein, dem Land Frieden und Freiheit zu bringen, so kann man heute klarer denn je das Scheitern der Mission feststellen. Kaum dass die Solidaritätsadressen und Hilfsversprechen der Bonner Petersberg-Konferenz verklungen waren, setzten Gewaltfanatiker in Kabul und Masar i Scharif gestern Zeichen ihres Entwurfs für die Zukunft Afghanistans. Die Bilanz: Dutzende von Toten, zumeist schiitische Gläubige, die Aschura, ihren wichtigsten religiösen Feiertag, begehen wollten. Im Jahr 2014 werden die ausländischen Truppen - darunter die Soldaten der Bundeswehr - das Land verlassen, und sie werden abziehen wie die Truppen anderer Völker vor ihnen - erfolglos, geschlagen, gedemütigt. Es ist lange klar: Die Taliban sind militärisch nicht zu besiegen, kein Okkupator kann Afghanistan dauerhaft seinen Willen aufzwingen. Dreitausend Soldaten der Operation Enduring Freedom ließen in den Kämpfen ihr Leben, mehr als 50 Bundeswehrsoldaten starben dort. Tausende afghanischer Kämpfer wie Zivilisten wurden getötet. Wofür? Die Taliban haben mit ihrem Gegenschlag noch gar nicht begonnen, und schon beginnen die Brückenköpfe westlichen Kulturexports wieder in sich zusammenzufallen. Opiumanbau und Drogenhandel boomen. Das vom Westen installierte korrupte Regime von Präsident Hamid Karsai wird, dazu bedarf es keiner prophetischen Gabe, den Rückzug des Westens nicht wesentlich überdauern. Da helfen auch die zugesagten Milliarden nicht. Mit denen erkaufen sich die selbsternannten Heilsbringer nur ihren freien Abzug. Afghanistan wird seine Zukunft selbst in die Hand nehmen müssen. Die Bürde von zehn Jahren Krieg, Hass und Wunden erleichtert diese Aufgabe nicht und lässt einen um die Menschen fürchten.
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