Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Mitgliederentscheid der FDP Selbstzerfleischung ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Die Liberalen schwanken in ihren Umfragewerten so um die drei Prozent. Das hält sie allerdings nicht davon ab, in der Öffentlichkeit ausgiebig Nabelschau zu betreiben. Dass Parteichef Philipp Rösler bereits vor Ende des Mitgliederentscheids diesen für gescheitert erklärt und dabei auch Zahlen nennt, ist kein guter Stil. Doch was der Eurorebell Frank Schäffler seit Wochen vorexerziert, gehört sich ebenfalls nicht. Mit öffentlichen Äußerungen legt er nahe, dass die Parteiführung den Mitgliederentscheid gegen die Eurorettung behindert habe. Das ist starker Tobak. Harte Fakten zur Untermauerung der Vorwürfe hat Schäffler nicht vorgelegt. Der Ostwestfale weiß ganz genau, dass die für den Mitgliederentscheid erforderliche Stimmenzahl von 21.500 nicht mehr erreicht werden kann. Für den Eurorebell wäre es allmählich an der Zeit, seine Niederlage einzugestehen. Die Selbstzerfleischung zieht die Minipartei FDP doch nur noch weiter hinab. Schäffler wird sich entscheiden müssen, ob ihm an seiner Partei noch etwas liegt. Sollte das der Fall sein, müsste er allmählich die Signale auf Aussöhnung stellen. Zweifellos repräsentiert der Liberale aus Bünde eine wichtige Minderheit. Aber diese ist offenbar zu klein, um die gesamte Partei auf einen neuen europapolitischen Kurs zu zwingen. Daran ändert auch aller missionarischer Eifer nichts. Davon gibt es in den Reihen der FDP sowieso zu viel. Auch wenn es eine Binsenwahrheit ist: Politik ist die Kunst des Kompromisses und des Bohrens dicker Bretter. Die Freidemokraten könnten wieder an Zuspruch gewinnen, wenn sie bewiesen, dass zu ihrem Repertoire nicht nur das Streiten gehört. Und auch nicht nur der ständige Ruf nach der reinen Lehre oder nach unerfüllbaren Maximalforderungen. Wie wäre es, wenn die FDP die Bürger einfach mal mit seriöser Regierungskunst überraschen würde?
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