Neue Westfälische (Bielefeld): Verhältnis USA-Russland Wenig Hoffnung DIRK HAUTKAPP
Bielefeld (ots)
Syrien, Iran, Men-schenrechte, Raketenabwehr, Obdach für Geheimnisenthüller Edward Snowden - und jetzt die Ukraine. Die Beziehungen zwischen Amerika und Russland sind nicht erst seit dem Coup auf der Krim stark abgekühlt. Durch die De-facto-Annexion der zur Ukraine gehörenden Halbinsel droht jetzt eine längere Frostperiode. Oder gar Eiszeit. Der Stil, in dem Moskau im 21. Jahrhundert in Schlägermanier des 19. Jahrhunderts Einflusszonen im postsowjetischen Raum unter Missachtung des Völkerrechts neu vermisst, hat in Washington den letzten Rest an Hoffnung auf eine altes Systemdenken überwindende Koexistenz zerstört. Zwar reden Barack Obama und Wladimir Putin inmitten der größten Krise seit dem Fall des Eisernen Vorhangs noch miteinander. Eine Verständigung darüber, was in der Ukraine geht und was gar nicht, liegt jedoch in weiter Ferne. Während Obama und mit ihm ein Gutteil der internationalen Gemeinschaft auf territoriale Unversehrtheit der Ukraine pochen, betrachtet der russische Präsident die Dinge zwischen Kiew und Krim mit einer Mischung aus Großmannssucht und Chuzpe als Familienangelegenheit. Nach der kontaminierten Bush-Ära wollte Obama 2009 Russland durch mehr Respekt zu mehr Verantwortlichkeit auf der Weltbühne bringen und eine anachronistische Rivalität überwinden. Moskau sollte am Aufbau einer neuen Weltordnung beteiligt werden, ohne dabei ständig Demokratiedefizite vorgehalten zu bekommen und dämonisiert zu werden. Mehr noch: Russland sollte gleichwertiger Bestandteil einer euroatlantischen Sicherheitsarchitektur werden und so allmählich den Reflex verlieren, NATO und EU per se als Aggression gegen eigene Interessen zu begreifen. Wladimir Putins destruktive Sucht, von amerikanischer Schwäche profitieren zu wollen, erwies sich als stärker. Nach dem kurzen politischen Frühling unter Medwedew ist Antiamerikanismus die alles leitende Doktrin russischer Außenpolitik. Dazu verleitet hat Putin ein Präsident, der die Politik des "Njet" seines Gegenübers zu spät richtig gelesen hat. Putin hält Obama für einen Schwächling, der lieber aus der zweiten Reihe führt, Amerikas Streitkräfte radikal beschneidet, in Krisensituationen gerne rote Linien zieht - und am Ende den Schwanz ein. Putin konnte sich in der Ansicht bestätigt fühlen, dass man gegenüber Amerika mit Provokation und Sturheit am meisten erreicht. Weil bei einer republikanischen Machtübernahme 2016 ein anderer Wind in Washington weht, dreht der Ex-KGB-Offizier jetzt richtig auf. Aus dieser Konstellation Chancen für eine zur Sicherung des Weltfriedens dringender denn je nötige Kooperation zwischen Washington und Moskau zu destillieren erscheint schwer möglich. Die Eskalation um die Ukraine steht erst am Anfang. In Washington hält man sich mit der Einschätzung aufrecht, dass Putin bei aller Brutalität kein Hasardeur ist, sondern auf nachhaltigen Druck reagiert.
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