Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Dreikönigstreffen der FDP Lindners starke Rede alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots)
Selten ist eine Partei so deutlich vom Wähler bestraft worden wie die FDP. Die Liberalen verschwanden 2013 aus dem Bundestag. Die Ursache für diesen Rauswurf war eine Politik ohne Glaubwürdigkeit, Ernsthaftigkeit oder Tiefgang. Doch so wie sich Menschen nach Niederlagen ändern können, so darf man diese Fähigkeit und dieses Recht auch einer Partei nicht absprechen. Es ist ja nicht so, dass eine liberale Partei in Deutschland überflüssig wäre. Das Oppositionsangebot von Linken und Grünen im Bundestag lässt für eine grundsätzlich andere Richtung viel Raum. Für eine Partei, die weniger auf Staat und Umverteilung setzt, die aber auch einen rationaleren Zugang zu Themen wie neue Technologien, Freihandel oder Zuwanderung besitzt. Eine Partei, die attraktiv auf das wirtschaftsorientierte Bürgertum wirkt, ohne gleichzeitig uralte Ressentiments gegen Minderheiten oder Tendenzen der Abschottung loszutreten. Eine Partei, die nicht meint, dass der autoritäre Putin ein Heilsbringer sei und der Westen sich für Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Toleranz permanent entschuldigen müsse. Gerade in der klaren Abgrenzung zur AfD, die sich anschickt, die FDP zu ersetzen, liegt eine große Chance für die Liberalen. Diese Gelegenheit hat FDP-Parteichef Christian Lindner mit seiner Dreikönigsrede ergriffen. Er hat das Profil der Freidemokraten als weltoffene, freiheitsliebende Kraft geschärft, die die Fenster zur Welt öffnet, statt sich in dumpfen Provinzialismus oder kleinkariertes Wutbürgertum zu flüchten. Eine solche FDP darf Positionen beziehen, die sonst kaum jemand in den Mund zu nehmen wagt. Dass Lindner die Abschaffung des Solis verlangt und ein einfaches Steuerrecht wieder auf die Tagesordnung setzen will, erscheint bei ihm nicht als Verengung auf eine Ein-Punkt-Programmatik. Auch weil er zuvor die Bildungspolitik zum neuen zentralen Aufgabenfeld der Liberalen erkoren hatte. Eine starke Rede reicht aber nicht aus, um der FDP neues Leben einzuhauchen. In wenigen Wochen kommt der Praxistest: die Landtagswahl in Hamburg am 15. Februar. Dann wird sich zeigen, ob die Wähler den freien Demokraten wieder etwas zutrauen.
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