Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Uni-Prekariat Absurd Johann Vollmer
Bielefeld (ots)
Also lautet ein Beschluss, dass der Mensch was lernen muss. So dichtete einst Wilhelm Busch. Auch hundertfünfzig Jahre danach wird in Wahlprogrammen regelmäßig das Bildungssystem als Garant des deutschen Wohlstands verpflichtet. Da werden Universitäten zu Elite-Unis emporgehoben und kluge Köpfe wie Rohstoffe gehandelt - an der Lebenswirklichkeit der meisten Hochschulbediensteten geht das komplett vorbei. Wer kein Idealist ist, lässt besser die Finger von der Unilaufbahn. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schätzt, dass unterhalb der Professorenebene neun von zehn angestellten Uni-Dozenten nur Zeitverträge besitzen. Karriere- und Familienplanung ist unter diesen Umständen schwer. Das Uni-Prekariat beginnt direkt nach dem Studium. Wer nicht gerade in den technischen Berufen promoviert, muss sich mit einer halben Stelle und knapp über 1.000 Euro am Monatsende begnügen. Viele Lehrende haben so weniger zur Verfügung, als mancher ihrer Studenten - schlichtweg absurd. 20 Stunden stehen im Arbeitsvertrag, erwartet wird von den Doktoranden aber eine volle 40 Stunden-Woche - mindestens. Wer sich verweigert, kann die Hoffnung, doch irgendwann durchs kleine Nadelöhr zur Professur zu schlüpfen, sofort begraben. Wenn Universitäten aber nicht bald bessere Perspektiven bieten können, wird auch der Bildungssektor den Qualitätsabfluss schneller zu spüren kriegen, als ein Professor Fachkräftemangel an die Tafel schreiben kann.
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