Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Große Koalition streitet um Geld Plötzliche Einsichten Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots)
Immer Ärger um das liebe Geld: SPD und Union haben einen Tag nach dem Schnüren des Investitionspakets wieder einen Anlass zum Streiten gefunden. Zum einen geht es um den Soli. Fast hatte man sich damit abgefunden, dass der Solidaritätszuschlag dasselbe Schicksal erleidet wie die Schaumweinsteuer von 1902. Diese sollte nur kurfristig der Aufrüstung der Kriegsmarine dienen, hat aber den Sprung ins Jahr 2015 unbeschadet überstanden. Und der 1995 eingeführte Solidaritätszuschlag, den im Laufe der Zeit Politiker aller Parteien immer wieder für tot erklärt haben, spült noch heute jährlich 14 Milliarden Euro in die Bundeskasse. Dass Wolfgang Schäuble die Abgabe nun zwar keineswegs gleich abschaffen, aber immerhin von 2020 bis 2030 auf null abschmelzen will, ist ein Fortschritt. Die plötzliche Einsicht hat mit dem Bundesverfassungsgericht zu tun. Es könnte sein, dass Karlsruhe den Soli einkassiert. Denn offiziell läuft dieser 2019 aus. Bisher war man in Berlin davon ausgegangen, dass im Gegenzug die Einkommenssteuer erhöht werden sollte. Doch ist es wirklich sinnvoll, gleich wieder Steuererhöhungen zu fordern, wo das Steueraufkommen nur so sprudelt und jedes Jahr neue, bisher ungeahnte Höhen erklimmt? Eine Einnahme abzuschaffen, ohne gleich wieder nach einem Ersatz zu rufen, ist angesichts der stabilen Wirtschaftslage momentan das Richtige. Auch wenn sich die SPD damit sichtlich schwertut. Dafür möchten die Sozialdemokraten mehr Geld für Familien ausgeben. Ob es zu einer monatlichen Kindergelderhöhung von sechs oder zehn Euro kommt, ist nicht das wirkliche Problem. Besser wäre es sowieso, das Geld in Kitas mit mehr und gut bezahlten Erziehern zu stecken oder in bessere Schulen. Doch die SPD hat recht, was die Alleinerziehenden betrifft. Der Koalitionsvertrag sieht vor, ihren Steuerfreibetrag anzuheben. Das ist erforderlich, denn das Armutsrisiko ist bei alleinerziehenden Müttern besonders hoch. Dass sich Schäuble hier verweigert, ist enttäuschend.
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