Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Neuer Geheimdienst Zitis Gigantische Datenkrake Jörg Köpke, Berlin
Bielefeld (ots)
Neuer Geheimdienst Zitis
Gigantische Datenkrake Jörg Köpke, Berlin Innenminister Thomas de Maizière zeigt sich dieser Tage hoch zufrieden. Eine bessere Ausstattung und mehr Personal für die Polizei, das Ein- und Ausreiseregister der EU, die neue Spionagebehörde Zitis - nicht einmal im Traum habe er sich ausmalen können, was in dieser Legislaturperiode im Bereich Innere Sicherheit alles möglich sein würde, zitieren Vertraute den Minister. Seine Amtszeit bewertet de Maizière schon jetzt als "gigantischen Erfolg". Selbst seinen legendären Amtsvorgänger Otto Schily (SPD), den "Roten Sheriff", will CDU-Mann de Maizière in den Schatten gestellt haben. Im Vergleich zu de Maizières neuestem Coup, der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis), macht sich Schilys "Otto-Katalog" in der Nachfolge der Anschläge vom 11. Sepetember 2001 im Rückblick geradezu bescheiden aus. Denn still und heimlich ruft de Maizière mit Zitis eine gigantische Trojaner- und Hackerbehörde ins Leben. Künftig soll es möglich sein, Mitteilungen auf Smartphones, Rechnern und Tablets mitzulesen, noch während sie getippt werden. Deutschland bekommt einen Datenkraken von ungeahntem Ausmaß. Der Bundestag darf über deren Finanzierung abstimmen. Mehr parlamentarische Mitbestimmung und Kontrolle gibt es nicht. Und wo bleibt diesmal die Empörung? Die IS-Attacken von Paris und Brüssel, die Anschläge und Morde von Würzburg, Ansbach und München, gepaart mit den Erfolgen rechtspopulistischer Parteien, haben eine innenpolitische Wucht entfaltet, vor der selbst wichtige Kontrollinstanzen wie Justizminister Heiko Maas (SPD) oder die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff, zu kapitulieren scheinen. Die Bekämpfung von Terror rechtfertigt vieles, doch gewiss nicht das Abschaffen und Aushöhlen individueller Grundrechte. Denn wie sollen die staatlichen Spitzelprogramme überhaupt ihren Weg auf Smartphones und Computer von Verdächtigen finden? Dazu blieb das Innenministerium bislang jede Antwort schuldig. Die Freude de Maizières könnte schon bald in Katzenjammer umschlagen. Nicht nur, weil es kaum möglich ist, geeignete IT-Spezialisten für die geheime Truppe zu finden. Die Opposition bereitet den Gang nach Karlsruhe vor. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Bundesverfassungsgericht allzu ambitionierten Sicherheitsgesetzen eine Absage erteilt.
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