Neue Westfälische (Bielefeld): Gerry Weber Neuanfang nicht ausgeschlossen Stefan Schelp
Bielefeld (ots)
Für die Verantwortlichen, aber wohl noch viel mehr für die Angestellten war dieser Freitag ein rabenschwarzer Tag. Die Insolvenz des einstigen Börsenstars Gerry Weber AG. Der Modekonzern, für den es all die Jahre nur steil bergauf ging. Wo Umsatzrekorde an der Tagesordnung waren, jeder neue Gewinn der höchste der Firmengeschichte war und auch noch in der letzten Einkaufsstraße ein Gerry-Weber-Store eröffnete. Schlimmer kann es jetzt nicht mehr kommen? Das kommt auf die Perspektive an. Denn auf den rabenschwarzen Freitag folgt ausgerechnet an diesem Wochenende die große Modemesse in Düsseldorf. Genau: In Düsseldorf. Dort, wo Gerry Weber einst eigene Hallen besaß - die das Unternehmen allerdings in den vergangenen Monaten notverkaufen musste. Hier wollte das Modeunternehmen aus Halle endlich wieder positive Schlagzeilen machen. Mit frischen Kollektionen, neuen Designs, strahlenden Gesichtern. Das Lächeln dürfte schwerfallen, auch wenn es so manches aufmunternde Schulterklopfen geben dürfte. Gute Nachrichten verkaufen mit einer Insolvenz im Gepäck, das dürfte selbst für den neuen Vorstandsvorsitzenden Johannes Ehling eine Überforderung sein. Keine Frage: Gerry Weber, die Marke, erst recht die Mitarbeiter haben die Substanz und die Qualität, in die Erfolgsspur zurückzukehren. Die Insolvenz in Eigenregie ist kein Absturz ins Bodenlose. Sie ist die Möglichkeit, sich von Lasten zu befreien, den Neustart zu versuchen. Mit der Insolvenz alter Prägung, gern einfach Pleite genannt, hat das nur noch wenig zu tun. Das aktuelle Verfahren muss nicht das Ende sein. Es kann auch einen Neuanfang bedeuten. Die Eigenverwaltung bietet die Möglichkeit, Lieferverträge leichter neu zu verhandeln, sie macht auch den Weg frei für eine "vereinfachte Meinungsfindung" unter den Gläubigern. Letzteres ist dringend angesagt. Denn die sich langsam wieder einstellenden Erfolge nützen am Ende herzlich wenig, wenn es nicht gelingt, die sehr heterogene Gläubigerschaft wieder auf Kurs zu bringen. Da gibt es die Inhaber von Schuldscheinen, denen das Überleben des Unternehmens aus Halle ziemlich egal ist, solange sie Profit aus der derzeitigen Situation ziehen können. Müßig ist es, ein weiteres Mal die Fehler aufzuzählen, die das Unternehmen erst in die missliche Lage einer kompletten Abhängigkeit von den Gläubigern gebracht haben. Um das Unternehmen zu retten, braucht es inzwischen weit mehr als nur ein Händchen für Mode. Die Verantwortlichen haben das längst erkannt. Natürlich. Ob ihnen die Rettung des Unternehmens gelingt, ist nicht ausgemacht. Zu wünschen wäre es ihnen. Vor allem im Interesse der Mitarbeiter.
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