Ein Desaster
Kommentar von Jens Kleindienst zum EU-Gipfel
Mainz (ots)
Hat sich der vor wenigen Wochen gefeierte "historische Kompromiss" in der EU zur Asyl- und Migrationspolitik in Luft aufgelöst? Ganz so weit ist es nach dem desaströs verlaufenen Gipfeltreffen noch nicht, das lehrt die Erfahrung aus früheren Krisen der EU. Dennoch ist an den beiden Tagen in Brüssel etwas kaputtgegangen: die Hoffnung nämlich, die notorischen Blockierer Polen und Ungarn irgendwie einzubinden zu können. Beide Länder hatten schon beim Treffen der Innenminister die gefundene Lösung abgelehnt, die immerhin auf eine drastische Verschärfung des Asylrechts hinausläuft. Sie waren jedoch gemäß dem geltenden Mehrheitsprinzip überstimmt worden. Es stand zu befürchten, dass Polen, vor allem aber Ungarn, diese Niederlage nicht einfach hinnehmen würden. Insofern kommt der Blockadeversuch nicht überraschend, doch offenbart die Begleitmusik ein Ausmaß der Entfremdung, das für die Zukunft Schlimmes befürchten lässt. Ungarns Ministerpräsident Victor Orban und sein polnischer Amtskollege Mateusz Morawiecki fordern nicht nur, in der Asylpolitik von jeglichen Pflichten befreit zu werden - was in einer Solidargemeinschaft nicht geht. Sie wollen verhindern, dass sich die anderen 25 EU-Mitglieder gemeinsam auf den Weg machen. Orban hat darüber hinaus damit gedroht, weitere EU-Militärhilfen für die Ukraine zu blockieren, um ans Ziel zu gelangen. Dieses Junktim ist an Schäbigkeit kaum zu überbieten. Der Gipfel in Brüssel hat gezeigt, auf welch schmalem Fundament die viel beschworene europäische Front gegen den russischen Aggressor gründet. Wladimir Putin wird es freuen. Es fällt mittlerweile schwer, Orban nicht als seinen Agenten innerhalb der EU zu betrachten. Schlimmer geht es kaum.
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