Ein riesiger Bulldozer hat alles platt gemacht - Telefon-Interview mit Simone Pott von der Welthungerhilfe in Sri Lanka
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Bonn (ots)
Vier Tage nach der Flutkatastrophe in Südasien läuft die Soforthilfe in den betroffenen Ländern rund um die Uhr. Viele Landstriche sind noch gar nicht erreichbar; die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Schäden sind immer noch kaum zu ermessen. Mit am schlimmsten von der Flutwelle getroffen wurde die Insel Sri Lanka vor der Südspitze Indiens. Dort bin ich jetzt verbunden mit Simone Pott von der Task Force der Welthungerhilfe, die die Soforthilfe für die Verletzten und Obdachlosen koordiniert. Frau Pott, Sie sind in Vavunia im Nordosten von Sri Lanka wie ist die Situation dort im Moment?
Antwort 1: Es ist als wenn ein riesiger Bulldozer über Landschaften hinweg gegangen ist und alles platt gemacht hat, was sich dazwischen gestellt hat. Man fährt kleine Straßen, und dann von einem Schlag auf den anderen sind Bäume umgeknickt, Palmen umgeknickt, Häuser sind zerstört. Ich hab gestern gesehen: Boote, die normalerweise am Strand liegen, liegen hunderte von Metern im Landesinneren wo sie überhaupt nicht hin gehören. Überall ist natürlich Schlamm. Sie sehen plötzlich in einem Baum, der vielleicht doch noch stehen geblieben ist, oben liegt ein Schuh, also es ist völlig absurd. Große Räumfahrzeuge liegen sozusagen umgedreht irgendwo mitten in der Landschaft. Die Wellen haben die einfach weg geschleudert. (0:42)
Die Flut hat alles mit sich gerissen, auch viele Menschenleben; wir hören hier in Europa vor allem immer steigende Zahlen, Sie bekommen vor Ort sicher auch viele Einzelschicksale direkt mit...
Antwort 2: Das ist schon unglaublich. Ich war heute Morgen im Krankenhaus, hier in Vavunia. Ich habe mit einer Frau gesprochen, und sie wusste noch nicht, dass ihre drei Kinder tot waren. Und sie sagte: Die Flut kam, mein Mann war einkaufen, dann bin ich ohnmächtig geworden, und ich bin hier wieder aufgewacht. Und sie sagt: Ich höre immer, dass mein kleines Kind sagt: Ich möchte was trinken. Und sie wusste noch nicht, dass ihre drei Kinder ums Leben gekommen sind, und der Mann konnte sich retten, eben weil er durch Zufall einfach einkaufen war, weg war. Und er stand an diesem Bett und sagte immer nur: Ich kanns ihr nicht sagen. Ich weiß nicht, wie ich ihr sagen soll, dass unsere Kinder tot sind. (0:36)
Aus Furcht vor Seuchen werden ja viele der Toten so schnell wie möglich in Massengräbern beerdigt hat denn vor Ort überhaupt jemand einen Überblick darüber, wie viele Menschen wo gestorben sind?
Antwort 3: Was man jetzt macht, hat mir heute ein Arzt bestätigt: man versucht wenigstens die Toten zu fotografieren, also die Gesichter zu fotografieren, um nachher einfach Menschen identifizieren zu können, wenn Angehörige irgendwo hin kommen und sagen: Wo ist mein Bruder, meine Mutter, meine Schwester? Dann kann man wenigstens anhand der Bilder Menschen noch identifizieren. (0:20)
Die Überlebenden der Flutkatastrophe sind ja größtenteils obdachlos geworden; Zehntausende Menschen haben alles verloren, was ihr Leben ausgemacht hat wie können Sie von der Welthungerhilfe diesen Menschen jetzt akut helfen?
Antwort 4: Diese Menschen sind im Moment in so genannten Notunterkünften untergebracht, das heißt das sind manchmal noch Tempel, die stehen geblieben sind, kleine Kirchen ein bisschen außerhalb, Schulen... Diese Menschen versorgen wir gerade mit dem Nötigsten, das heißt Nahrungsmittel, Trinkwasser, Kleidung, Decken, Matten, auf denen die Menschen schlafen können. Hier im Büro neben mir ist gerade ein Chaos, wir sind gerade dabei, mehrere Lkw wieder in Ganz zu setzen, die heute noch an die Küste fahren sollen, um dort Nothilfe zu leisten. (0:34)
Simone Pott von der Welthungerhilfe, am Telefon aus Vavunia im Nordosten von Sri Lanka, vielen Dank und alles Gute. Wenn Sie für die Arbeit vor Ort spenden möchten: das Spendenkonto der Welthungerhilfe hat die Konto-Nummer 1115 bei der Sparkasse Bonn. Oder Sie können auch online spenden unter www.welthungerhilfe.de.
ACHTUNG REDAKTIONEN
Unter www.all4radio.de finden Sie noch ein weiteres Interview mit Simone Pott (Wie gehen die Helfer mit dem Einsatz um?) sowie ein O-Ton-Paket von Dr. Hans-Joachim Preuß, dem Generalsekretär der Welthungerhilfe. Klicken Sie einfach auf "Download" und geben Sie Ihren Sendernamen und das Passwort "audio" ein.
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