Landwirtschaft kein Störfaktor bei WTO
Sonnleitner wendet sich vor G8-Gipfel an Minister Clement
Berlin (ots)
An der Landwirtschaft werden die WTO-Verhandlungen nicht scheitern - auch dann nicht, wenn Europa seine Anliegen einer eigenständigen, auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Agrarpolitik selbstbewusst einbringt. Diese Einschätzung teilte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, Bundesminister Wolfgang Clement in einem Schreiben anlässlich des am Wochenende beginnenden G8-Gipfels mit. Die EU-Agrarpolitik sei mit den erfolgten Reformen der Agenda 2000 für die laufenden WTO-Runden deutlich besser aufgestellt als in der vorangegangenen GATT-Runde. Insbesondere mit den USA, so Sonnleitner, gebe es keine gravierenden Gegensätze, abgesehen von rhetorischen Unterschieden. Deshalb sollte die EU in den WTO-Verhandlungen selbstbewusst für die Erhaltung einer eigenständigen EU-Agrarpolitik eintreten, großen Wert legen auf Nachhaltigkeit in der Nutzung der Ressourcen sowie handelspolitisch die genetisch veränderten Nahrungs- und Futtermittel richtig einordnen. Auch in Fragen der Gentechnik entwickele Europa eine Regelung der Koexistenz, die außenhandelspolitische Konflikte beseitige.
Im Hinblick auf den Handel mit den Entwicklungsländern zeigte sich Sonnleitner gleichfalls optimistisch, dass man sich bei WTO einige und Vereinbarungen gefunden würden. Europa habe im Handel von Agrarprodukten mit den Entwicklungsländern bereits heute weitaus mehr vorzuweisen, als die USA, Japan, Australien und Neuseeland zusammen. Sonnleitner erwartet bei dem G8-Gipfel eine Initiative Frankreichs zur Eliminierung der EU-Exportbeihilfen für Agrarprodukte in die ärmsten Entwicklungsländer und bat Clement "genau zwischen handels- und entwicklungspolitischen Interessen zu differenzieren". Agrarexportierende Schwellenländer, wie etwa Brasilien, sollten nicht für sich reklamieren können, wie Entwicklungsländer behandelt zu werden, forderte Sonnleitner. Denn Brasilien betreibe eine Agrarproduktion, die nicht der Schonung und nachhaltigen Nutzung von natürlichen Ressourcen oberste Priorität einräume.
Sonnleitner betonte in seinem Schreiben an Clement den Wert einer leistungs- und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft in Deutschland. Immerhin stelle sie den Kern der Agrar- und Ernährungswirtschaft mit ca. 4,2 Millionen Beschäftigten in Deutschland dar. Zur Erhaltung dieser Wettbewerbsfähigkeit verlange die Branche keine Abschottung oder neue Handelsbarrieren, sondern einen fairen Wettbewerb mit gleichen Rahmenbedingungen für alle Beteiligten. Dies drohe, so Sonnleitner, bei den laufenden WTO-Verhandlungen aus dem Blickfeld zu geraten. Insbesondere Sozial-, Tierschutz- und Umweltstandards dürften nicht länger "in unverbindlichen Nebensätzen" abgehandelt werden, sondern müssten ernsthaft und gleichwertig in den Spielregeln für den Welthandel berücksichtigt werden. Schließlich habe gerade die jetzige Regierungskoalition im nationalen Alleingang sogar innerhalb der EU Verschärfungen solcher Standards durchgesetzt. So wie sich die EU-Agrarpolitik den Weltmärkten zuwende, so müssten auch wichtige Verhandlungspartner in WTO anerkennen, dass zur nachhaltigen Produktion von Nahrungsmitteln verbindlich Regeln zu vereinbaren sind. Das "traurige Beispiel von Millionen Kaffeebauern", die trotz bzw. gerade wegen des totalen Freihandels unter der Armutsgrenze leben müssten und in einigen Regionen Raubbau betrieben, dürfe kein Vorbild für Europa sein.
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