Bürger fordern mehr Tempo bei der Digitalisierung ihrer Stadt
Berlin (ots)
- In Stadtverwaltungen muss Digitalisierung erste Priorität werden - Bürger wünschen sich vor allem eine digitale Verwaltung - Dreitägige Smart Country Convention beginnt heute in Berlin
Von smarter Verwaltung bis zur intelligenten Verkehrssteuerung - in Deutschland arbeiten viele Städte und Gemeinden an ihrer digitalen Zukunft. Zwei von drei Bürgern (66 Prozent) trauen ihrer Stadtverwaltung dabei einen kompetenten Umgang mit Digitalthemen zu. Gleichzeitig fordern 69 Prozent ihre Stadtverwaltung auf, die Digitalisierung mit mehr Nachdruck zu verfolgen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 1.000 Personen ab 18 Jahren in Deutschland, die heute anlässlich der Smart Country Convention in Berlin vorgestellt wurde. "In den meisten Städten und Gemeinden stehen alle Zeichen auf digital. Dem Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung müssen die Rathäuser jetzt gerecht werden. Sie steigern damit Standortattraktivität und Lebensqualität und kommen wieder näher an Bürger und Unternehmen", sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. "Kommunen brauchen das nötige Geld, Know-how und einen engen Austausch von Bürgern, Politik und örtlicher Wirtschaft. Mit der Smart Country Convention verkürzen wir den Weg in die digitale Welt."
Auf der Smart Country Convention in Berlin kommen vom 22. bis 24. Oktober mehr als 10.000 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Städten und Gemeinden zusammen. Ziel ist es, von den besten zu lernen, so die Digitalisierung zu beschleunigen und bürgergerecht umzusetzen. Dr. Christian Göke, Vorsitzender der Geschäftsführung Messe Berlin, erklärt: "Das Besondere an der Smart Country Convention ist der branchenübergreifende Charakter: Bei uns geht es nicht nur um die Digitalisierung der Verwaltung, wir bilden sämtliche Bereiche der Smart City und der Smart Region ab. Wir haben den Anspruch, das Thema entlang der gesamten Wertschöpfungskette darzustellen, die relevanten Partner zu integrieren und sind damit bereits im zweiten Jahr die führende Veranstaltung in diesem Bereich in Deutschland. Wir reden nicht nur von Digitalisierung, wir zeigen anhand von konkreten Beispielen, wie es geht."
Als Smart-Country-Vorbild und Partnerland ist in diesem Jahr Litauen zu Gast auf der Smart Country Convention. Deividas Matulionis, Vizekanzler der Republik Litauen: "Die Digitalisierung hat einen großen Anteil an der erfolgreichen Entwicklung Litauens in den Bereichen der Wirtschaft und Informationsgesellschaft. Die EU-Mitgliedschaft hat politische Barrieren abgebaut und die digitale Welt erlaubt uns, geographische und bürokratische Grenzen zu überwinden, indem wir Wirtschaft und öffentliche Dienstleistungen ständig verbessern und erweitern. Wir glauben an das Potenzial Deutschlands, ein führendes Land in der EU bei der Digitalisierung zu werden. Sowohl die litauische Regierung als auch Litauens Wirtschaft möchten ein starker Partner für Deutschland sein, etwa bei der Schaffung digitaler Lösungen wie bei der Erweiterung elektronischer Dienstleistungen. Wir werden unsere Erfahrung in den Bereichen der digitalen Dienstleistungen, Smart Cities und Cybersecurity auf der Smart Country Convention teilen und freuen uns auf interessierte Besucher."
Mehr als jeder Zweite findet seine Stadt "nicht digital"
Sechs von zehn Bürgern (63 Prozent) können sich vorstellen, in einer Stadt oder Gemeinde mit vielen digitalen Angeboten zu leben. Obwohl in den vergangenen Jahren deutschlandweit immer mehr Smart-City-Initiativen angestoßen wurden, sagt jeder zweite Bundesbürger (56 Prozent): "Meine Stadt ist nicht digital." Immerhin bewertet mehr als ein Drittel (37 Prozent) den Digitalisierungsgrad ihrer Gemeinde als fortgeschritten. Den größten Verbesserungsbedarf an ihrem Wohnort sehen die Deutschen vor allem in den Bereichen Wohnen (86 Prozent), Verwaltung (79 Prozent), Verkehr (78 Prozent), Sicherheit (77 Prozent) und Umwelt (76 Prozent).
Bürger überzeugt: Digitalisierung ist Chance für Kommunen
Stadt und Land stehen vor großen Herausforderungen, und bei vielen könne die Digitalisierung helfen - das meint die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung. Acht von zehn Bundesbürgern (81 Prozent) stimmen der Aussage zu, dass abgehängte Städte und Gemeinden von der Digitalisierung besonders profitieren können. Zwei Drittel (64 Prozent) meinen, der Einsatz digitaler Technologien wie etwa Überwachungskameras kann die Sicherheit im öffentlichen Raum erhöhen. Und für sechs von zehn Bürgern ist klar: Die Digitalisierung bietet eine große Chance, das Leben in der Stadt und auf dem Land lebenswerter zu machen.
Dennoch gibt es auch kritische Stimmen und Bedenken. 71 Prozent sorgen sich, dass ihre persönlichen Daten durch die Digitalisierung in Städten und Gemeinden weniger sicher sind. 62 Prozent stimmen der Aussage zu, die Digitalisierung verringere zwischenmenschliche Kontakte. Und sechs von zehn Bundesbürgern sagen, bei Digitalisierungsprojekte bestünde die Gefahr, dass sie wie andere Großprojekte scheiterten. "Die Bürger haben ein differenziertes Bild von der Digitalisierung: Einerseits sind sie von den Chancen überzeugt, andererseits sehen sie auch mögliche Gefahren", so Berg. "Bei der Entwicklung smarter Städte und Regionen müssen wir vor allem das Thema Datensicherheit mitdenken - auch hier können wir von Litauen lernen. Gleichzeitig müssen wir Vorreiterstädte und Smart-City-Initiativen aus Deutschland noch mehr in die öffentliche Wahrnehmung holen und zeigen, wie es an vielen Stellen schon einfach und digital geht."
Weniger Umweltbelastung in Smart Cities, mehr Fachkräfte im digitalen Dorf
In Städten und ländlichen Regionen können digitale Lösungen an den jeweils spezifischen Problemen ansetzen. Im städtischen Raum sehen die Bürger vor allem in neuen Mobilitäts- und Verkehrskonzepten (73 Prozent) sowie in der Entlastung der Verwaltungen die größten Chancen (71 Prozent). Fast zwei Drittel (64 Prozent) gehen davon aus, dass durch die Digitalisierung die Wirtschaftskraft gesteigert wird, 62 Prozent sehen Vorteile in einer Reduzierung der Verkehrsbelastung. Für ländliche Regionen erhoffen sich knapp zwei Drittel eine höhere Attraktivität für Unternehmen (65 Prozent). Einen weiteren Vorteil sieht mehr als die Hälfte darin, dass die Angebote im öffentlichen Nahverkehr durch neue Mobilitätskonzepte verbessert werden können (62 Prozent). Jeder Zweite erwartet, dass Gemeinden durch die Digitalisierung für Fachkräfte wie Ärzte oder Informatiker attraktiver werden (53 Prozent). Ähnlich viele (47 Prozent) gehen davon aus, dass durch die Digitalisierung die medizinische Versorgung auf dem Land verbessert wird. Berg: "Mit digitalen Lösungen überwindet man Distanzen: in der medizinischen Versorgung, in der Bildung, im Bürgerservice, bei der Arbeit. Und nirgendwo sind die Distanzen größer als auf dem Land. Wir setzen uns auf der Smart Country Convention dafür ein, gleichwertige digitale Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen."
Bürger wollen online aufs Amt
Ein großer Schritt in Richtung Smart Country wäre getan, würde man die überlasteten Verwaltungsapparate digitalisieren. Die große Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich eine digitale Verwaltung. Vier von fünf (89 Prozent) würden es bevorzugen, wenn die Beantragung, Verlängerung und Zusendung von Dokumenten wie Reisepass und Personalausweis ganz automatisch verliefe. 84 Prozent würden gerne Behörden- und Verwaltungsangelegenheiten über das Internet erledigen, etwa den Wohnsitz ummelden oder Kindergeld beantragen. 77 Prozent würden ein einheitliches Servicekonto nutzen, über das sich Bürger sicher identifizieren und authentifizieren können, um Zugang zu allen digitalen Verwaltungsdienstleistungen zu haben. Zwei Drittel (60 Prozent) würden die sichere Identifizierung bei Behördengängen via Internet gerne über den elektronischen Personalausweis vornehmen. Vier von zehn Bürgern (41 Prozent) würde die eigenen Stammdaten einmalig eingeben und erlauben, dass diese zwischen Behörden ausgetauscht und wiederverwendet werden können. "Smarte Lösungen und die notwendigen Mittel für den Staat 4.0 sind längst vorhanden, trotzdem hängt das digitale Amt in der Warteschlange", sagt Berg. "Viele der bislang verfügbaren Angebote sind noch unnötig kompliziert, der Behördengang via Internet muss nutzerorientiert, wirtschaftlich und nachhaltig umgesetzt werden. Was wir brauchen, sind bundesweite Standards, damit das digitale Rad nicht in 11.000 Kommunen immer neu erfunden wird."
Mehrheit fordert digitale Bürgerbeteiligung
Darüber hinaus haben Bürger auch konkrete Vorstellungen davon, wie das Leben in einer digitalen Stadt aussehen kann und möchten sich aktiver einbringen. Neun von zehn Befragten (90 Prozent) wollen stärker in Vor-Ort-Entscheidungen einbezogen werden. Besonders hoch im Kurs steht die Möglichkeit, via Mängelmelder auf Probleme im öffentlichen Raum hinweisen zu können (73 Prozent). Auch konkrete Verbesserungen zur Steigerung der Lebensqualität am Wohnort möchten zwei Drittel online vorschlagen können (67 Prozent). Knapp jeder Zweite (49 Prozent) möchte sich online an Planungs- und Entscheidungsprozessen in Politik und Verwaltung beteiligen. 41 Prozent würden die Möglichkeit nutzen, in Bürgerhaushalten auf lokaler Ebene Vorschläge zur Verwendung von Steuereinnahmen einzureichen. Vier von zehn (40 Prozent) würden über das Internet ihre Stimme bei Wahlen abgeben. Und knapp jeder Fünfte (19 Prozent) würde an Online-Petitionen teilnehmen. Berg: "Der Wunsch der Bürger, sich zu beteiligen, wächst - und der leichteste Weg ist via Internet. Kommunen sollten flächendeckend digitale Dienste anbieten, die bürgerliche Partizipation und Engagement erleichtern."
Smart Country Convention zeigt digitale Lösungen für den Public Sector
Die Digitalisierung von Städten, Gemeinden und Regionen ist das zentrale Thema der Smart Country Convention, die vom 22. bis 24. Oktober 2019 in Berlin stattfindet und alle relevanten Vertreter von Verwaltungen, Politik, Digitalwirtschaft, Verbänden und Wissenschaft zusammenbringt. Die dreitägige Veranstaltung ist eine Kombination aus Kongress, Workshops, Weiterbildungsveranstaltungen und Ausstellung. Dabei geht es sowohl um die digitale Verwaltung als auch um die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen in den Bereichen Energie, Mobilität, Sicherheit, Abfall, Wasser, Bildung, Gesundheit und Wohnen. Die Smart Country Convention richtet sich an Vertreter von Bund, Ländern, Landkreisen, Städten und Gemeinden und kommunalen Unternehmen. Weitere Informationen gibt es unter www.smartcountry.berlin
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Befragung, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.004 Personen ab 18 Jahren in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.
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