Trends und Herausforderungen für die Pharmaunternehmen von morgen
Pressebericht zur 13. Handelsblatt Jahrestagung "Pharma 2008" (20. und 21. Februar 2008, Frankfurt am Main)
Düsseldorf (ots)
Frankfurt am Main, 26. Februar 2008. - Mehr und bessere Patienteninformationen gefordert - Rabattverträge kein Allheilmittel, aber wichtiges Instrument - Neue Aufgaben für den Pharma-Referenten
Im letzten Jahr wurde die Entwicklung des Versandhandels im Gesundheitswesen viel diskutiert, nun wird die Entscheidung der Gerichte mit Spannung erwartet. Kontrovers diskutiert wurden ebenfalls die Rabattverträge: Für den einen Allheilmittel zur Sanierung des Gesundheitswesens, für den anderen unrechtmäßige Absprachen. Uneinigkeit herrscht auch darüber, ob das AVWG ein wirksames Instrument zur Kostensenkung sei, und auch die Kosten-Nutzenbewertung wird kritisch gesehen. Deutsche Pharmaunternehmen stehen im Visier ausländischer Firmen, möglicherweise zeichne sich hier sogar ein Trend zu verstärkten Merger & Acquisition-Aktivitäten ab, sagte Prof. Dr. Dr. Christian Dierks (Dierks + Bohle, Rechtsanwälte) vor den rund 200 Teilnehmern der 13. Handelsblatt Jahrestagung Pharma 2008. Doch trotz aller Diskussionen um Kostenexplosion und hoher Regelungsdichte sei der Gesundheitsmarkt ein Wachstumsmarkt. Und auch wenn die Bürger einen Reformbedarf sehen, seien sie im Allgemeinen mit dem deutschen Gesundheitssystem zufrieden, stellte Dierks fest. Diese ambivalente Haltung spiegelt auch die Ergebnisse einer Studie wider, die auf der Tagung vorgestellt wurde: So würden zwar das Fehlen von Schutzrechten, das Aushöhlen der Patentrechte und steigende Forschungskosten moniert, aber insgesamt bewerteten die befragten 1150 CEOs aus 50 Ländern die Aussichten für den Pharmamarkt positiv. Im Widerspruch dazu stünden allerdings die Verluste auf dem Aktienmarkt; die Analysten scheinen mit ihren Prognosen eher vorsichtig zu sein, wie Konstantin von Alvensleben (UCB Group Schwarz Pharma) feststellte.
Information ist alles
Bessere und schnell verfügbare Patienteninformationen sowie günstige Preise sind zwei der wichtigsten Themen, mit denen sich das EU-Arzneimittelforum beschäftigt, machte Dr. Jorgo Chatzimarkakis (MdEP und Mitglied im EU Arzneimittel-Forum) deutlich. Bei der Patienteninformation sei aber eine klare Abgrenzung zwischen Information und Werbung notwendig. Ein Problem sei die ungleiche Informationsbereitstellung durch die einzelnen Mitgliedsstaaten. Man plane daher ein umfassendes webbasiertes Gesundheitsportal, in dem zertifizierte und verständliche Patienten-Informationen in der jeweiligen Landessprache abrufbar seien.
Zum Thema Preispolitik merkte Chatzimarkakis an, dass ein Gleichgewicht gefunden werden müsse, zwischen der Aufgabe, die Gesundheit bezahlbar zu erhalten und der erforderlichen Rentabilität für die Industrie. Weiter müsse der Entscheidungsprozess im Einklang mit der Transparenzrichtlinie stehen. Um Investitionen zu fördern, sei auch mehr Preissicherheit notwendig, betonte Chatzimarkakis. Ein neues, komplexes, aber vielversprechendes Gebiet sei die Relative Wirksamkeit. Ziel sei es, die Kosten für Arzneimittel einzudämmen und Innovationen gerecht zu entlohnen. Dafür seien klinische und wissenschaftliche Bewertungen notwendig. Fehlende europäische Standardmaßnahmen führten allerdings zu Überschneidungen innerhalb Europas. Eine wichtige europäische Aufgabe sei weiterhin die Prävention.
Pharmaindustrie international
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die zunehmende Komplexität und Regelungsdichte auf dem Gesundheitsmarkt ausländische Investoren abschrecke und damit ein wesentliches Standortproblem für Deutschland darstelle. In Deutschland existiere ein Spannungsfeld zwischen Finanzierung, dem Wunsch nach medizinischem Fortschritt und einer wachsenden Nachfrage, erklärte Henning Fahrenkamp (Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie BPI). Bedenklich für Deutschland sei, dass 2005 von 130 neuen Produkten nur vier aus Deutschland gekommen seien. "Aber für jeden Bürger alle medizinischen Innovationen zu stabilen Preisen, das geht nicht", stellte Fahrenkamp fest. Interessant sei allerdings die Beobachtung, dass Bürger zwischen 900 und 1200 Euro pro Kopf im Jahr für Gesundheit zusätzlich ausgeben, zum Beispiel für OTC-Präparate, Produkte aus dem Reformhaus und Drogeriemärkten sowie Dienstleistungen wie Physiotherapie.
Gute und verständliche Patienteninformation sieht der BPI-Geschäftsführer ebenfalls als eine wichtige Maßnahme an und Chatzimarkakis merkte an: "Leider ist die Pharmaindustrie hier als Informationslieferant nicht gewollt. Dieses Denken muss raus." Aus Europa möchte er eine "Biozone machen, in der die gesündesten Menschen der Welt leben". Gerade Europa sei dafür prädestiniert, da hier das Leben einen hohen Schutz genieße.
Dass Fusionen weiter Thema sind, wurde in der Diskussionsrunde nicht angezweifelt, allerdings gehe man davon aus, dass spezialisierte Unternehmen weiterhin gute Chancen hätten. Konstantin von Alvensleben geht von einer stärkeren Konzentration im Generika-Markt aus, und Dr. Elia Napolitano (Ernst & Young) vermerkte kritisch, ob Fusionen wie Pfizer wirklich ein so erfolgreiches Modell seien.
Rabattverträge: wichtiges Instrument, aber kein Allheilmittel
"Am 1.1.2009, da wird der Hund bellen, da passiert noch einiges", versprach Wilfried Jacobs (Vorstandsvorsitzender, AOK Rheinland/Hamburg). Der Wettbewerb werde sich ab 1.1.2009 deutlich verschärfen. Es habe bereits eine Umschichtung von großen auf mittelständische Unternehmen stattgefunden. "Wenn demnächst die Höchstpreise kommen, dann bekommen Sie eine neue Welt", ist sich Jacobs sicher. Der bevorstehende Gesundheitsfonds wird zu ganz neuen Krankenversicherungen führen. Die Zahl der Rabattverträge werde weiter zunehmen und zwar bei allen Kassenarten, meint Jacobs und nicht nur für Generika, sondern auch für Originalpräparate. Mittlerweile seien 253 Wirkstoffe unter Rabattvertrag und bei rabattierten Wirkstoffen griffen Apotheken mittlerweile in über 70 Prozent auf Präparate der Rabattpartner zurück.
Die Patienten wüssten in der Regel nichts über Rabattverträge. Einer Umfrage unter 3000 AOK-Versicherten zufolge hätten die meisten bislang keine Erfahrungen mit Rabattverträgen gemacht, sähen aber mehr Vor- als Nachteile. Diejenigen allerdings, die bereits Erfahrungen mit Rabattverträgen gemacht hätten, seien eher skeptisch. Hier sieht Jacobs aber auch Versäumnisse der Apotheker.
Den kompletten Tagungsbericht lesen Sie unter: http://www.konferenz.de/presse/bericht-pharma08
Pressefotos von der Veranstaltung finden Sie unter: http://www.konferenz.de/fotos-pharma08-pr
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