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Apothekenketten kommen sicher, aber langsam - Experten: Apotheken sollten vorbereitet sein - AOK-Rabattverträge: Start am 1. März fraglich

Frankfurt (ots)

Frankfurt, 03. November 2008. Die Veränderungen
auf dem Apothekenmarkt kommen langsamer als erwartet, so das Fazit 
der Euroforum-Konferenz "Apothekenmarkt 2009" Ende Oktober in 
Frankfurt. Sollte das Mehrbesitzverbot für deutsche Apotheken in den 
nächsten Wochen fallen, sei noch lange keine rasche Massengründung 
von Apothekenketten zu erwarten, lautete die mehrheitliche Meinung 
der Konferenzteilnehmer. Dennoch sollten sich sowohl Apotheken als 
auch Großhandel und Pharmahersteller langfristig auf einen 
Paradigmenwechsel im Arzneimittelvertrieb einstellen. Schon heute 
hätten Apotheken den erhöhten Wettbewerbsdruck erkannt, so Jörg 
Wieczorek vom Arzneimittelhersteller Hermes. Er zitierte eine 
Sempora-Studie, nach der 93 Prozent der 103 befragten Apotheker ihre 
Marketingmaßnahmen verstärkt und 61 Prozent ein 
Kundenbindungsprogramm eingeführt hätten.
Leidensdruck noch nicht stark genug
Die Übernahme der Mehrheit an der niederländischen Versandapotheke
Europa Apotheek Venlo durch den US-Konzern Medco gilt unter 
Branchenbeobachtern als Indiz, dass der deutsche Apothekenmarkt 
demnächst aufgebrochen werden könnte. Doch so schnell werden sich die
Marktverhältnisse in Deutschland nicht verändern, stellte Klaus 
Gritschneder, Mitgründer der Europa Apotheek Venlo, auf der Konferenz
fest: "Amerikanische Verhältnisse lassen sich nicht so einfach auf 
Europa übertragen." Der Jurist und Pharmaexperte Peter Homberg 
bemerkte: "Es wird noch zwei bis drei Jahre dauern, bis sich der 
hiesige Markt stark bewegen wird." Dann aber würden sich sicher 
einige Unternehmer Ketten aufbauen, um am Markt mithalten zu können. 
Junge Pharmazeuten würden es schwer haben, mit einer eigenen Apotheke
an den Markt zu gehen. Frank Füßl, Apotheker und Inhaber der 
Metropolitan Pharmacy, verteidigte die Einzelapotheke: "Ich werde 
versuchen, so lange wie möglich die Inhaberschaft an meiner Apotheke 
zu halten." Viele seiner Kollegen sähen das ähnlich: "Der 
Leidensdruck ist noch nicht groß genug, niemand stelle sich gern in 
den Schatten einer Marke." Die inhabergeführte Apotheke habe eine 
Chance, allerdings seien Standort und qualifiziertes Personal 
entscheidend. "Hier wird ein Kampf um Köpfe entbrennen", so Füßl.
Medikamente per Post - Zukunft der Versandapotheke
Klaus Gritschneder erläuterte das Kooperationsmodell zwischen 
Europa Apotheek Venlo und dem Drogeriemarkt dm: Über Pickup-Stellen 
in dm-Filialen könnten Kunden ihre Bestellung in Auftrag geben und 
abholen. Seit dem Start 2004 seien in Nordrhein-Westfalen, 
Baden-Württemberg und Berlin 208 Pickup-Stellen, sogenannte 
Pharma-Punkt-Filialen, eröffnet worden. Nächstes Jahr gehe es weiter 
mit der Expansion, 900 Filialen sind Gritschneders Ziel. Ein 
Pharma-Punkt könne aber keine Apotheke ersetzen und wolle es auch 
nicht. "Wir betrachten uns sogar als Alternative zum klassischen 
Versandhandel, weil wir eine andere Zielgruppe ansprechen: Während 
sich der chronisch Kranke über 70 seine Medikamente nach Hause 
liefern lässt, bedienen wir den klassischen dm-Kunden." Zum Beispiel 
die 30-jährige Mutter, die in der Drogerie zugleich Babynahrung 
kaufe. "Eigentlich ist unser Konzept unspektakulär, und ich kenne 
keine Gründe, warum man sich darüber aufregen sollte." Die nannte 
dafür Otto Späth, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Apotheker: 
"Der Versandhandel gefährdet die Arzneimittelsicherheit und gehört 
verboten." Die Arzneimittelvertriebswege seien zu unübersichtlich, 
und durch falsche Lagerung könnte es zu Verwechslungen kommen. Späth 
plädierte für ein Verbot des Bestell- und Abholservices außerhalb von
Apotheken und für eine bessere Aufklärung zum Beispiel über 
Produktpiraterie im Internet.
"Deutsche zugelassene Versandapotheken sind sichere 
Versandapotheken", hielt Christian Buse, Geschäftsführer der 
Versandapotheke myCARE, dagegen: Das Gütesiegel "Sichere 
Versandapotheke" biete dem Verbraucher Hilfe bei der Identifizierung 
einer vertrauenswürdigen Versandapotheke. "Das in Deutschland 
geltende Gesetz für Versandapotheken erfüllt bereits die europäischen
Forderungen des Ministerkomitees des Europarates." Am Gesamtumsatz 
deutscher Apotheken von 38,1 Milliarden Euro (2007) hält der 
Versandhandel einen Anteil von circa vier Prozent, wie Buse 
ausführte. Zwei Millionen Kunden kauften ihre Medikamente 
mittlerweile bei Versandapotheken - "und die Tendenz steigt." 
Aufklärung in der Arzneimittelsicherheit werde nur durch umfassende 
Patienteninformationen gelöst. Er schlug daher eine 
Versandapotheken-Liste unter der Hoheit der Länder vor.
Discounter: Medikamente im Supermarkt
Auf zwei Handelsschienen beruht das Markenapothekenkonzept der 
easyApotheke, nach eigenen Angaben die erste deutsche 
Discountapotheke. Wie Matthias Diessel, Head of Business Development,
zeigte, besteht die konzernunabhängige Holding aus einer 
Versandapotheke und 24 stationären easyApotheken. Während die 
Zentrale in Hildesheim die Marken- und Systemrechte hält und 
verantwortlich ist für die Entwicklung des easyApotheke-Systems, 
führen die Apotheker die Filialen als selbständige Unternehmer im 
eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Sie mieten die Räumlichkeiten,
kaufen die Einrichtung und das Warenlager, stellen die Mitarbeiter 
ein und sind verantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg der 
Apotheke. Eine Preisreduktion von fünf bis zehn Prozent unter UVP ist
verpflichtend. "Weitere Preissenkungen gibt es je nach Marktumfeld 
und Strategie." Der Kunde soll in einer easyApotheke sowohl Drogerie-
als auch apothekenexklusive Ware erhalten, "wie in einem 
Gesundheitssupermarkt". Lange Schlangen inklusive: "Wenn es sich an 
einer Kasse mal etwas staut, begrüßen wir das. Kein Club ist 
spannend, vor dessen Tür nicht eine Schlange von Menschen steht." Für
das Supermarkt-Gefühl sorgen auch der einheitliche Markenauftritt und
Ladenbau aller Filialen, die 2000 Artikel in der Freiwahl, die 
teilweise themenbezogen positioniert werden, sowie Einkaufskörbe und 
gute Parkmöglichkeiten. Verzichtet wird auf apothekentypische Zugaben
wie Taschentücher, ebenso auf  Kundenzeitschriften und Kundenkarten. 
"Das erwarten unsere Kunden aber auch nicht." Bis Ende 2009 will die 
Holding ihr Filialnetz auf 100 Niederlassungen ausgeweitet haben. 
"Wir sind aber keine Kette und wollen keine Kette werden", so 
Diessel.
AOK-Rabattverträge: "1. März wird eng"
Mit Blick auf die laufenden AOK-Rabattvertragsverhandlungen sagte 
Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann auf der Konferenz: "Wir 
haben alles aufgearbeitet, was im letzten Verfahren gegen uns 
verwendet wurde." 114 Hersteller hätten sich an der aktuellen 
Ausschreibung über 64 Wirkstoffe beteiligt. Bis Ende November wolle 
die AOK alle Angebote ausgewertet und die Hersteller informiert 
haben. Danach gehe es in die rechtlichen Auseinandersetzungen. "Die 
sind so sicher wie das Amen in der Kirche", so der Vorstands-Vize der
AOK-Baden-Württemberg. Die Entscheidung der Vergabekammer erwartet er
für Januar, "oder mit viel Glück noch vor Weihnachten". Den 
termingerechten Start der Verträge am 1. März 2009 stellte Hermann in
Frage: "Das wird sehr eng."
Die Euroforum-Konferenz "Apothekenmarkt 2009" fand am 29. und 30. 
Oktober 2008 in Frankfurt am Main statt. Die Tagungsunterlagen sind 
bei Euroforum erhältlich.

Pressekontakt:

Romy König
Senior-Pressereferentin
EUROFORUM Deutschland GmbH
Westhafenplatz 1
60327 Frankfurt am Main
Tel.: +49 (0) 69/244-327-3391
Fax: +49 (0) 69/244-327-4391
Mailto:romy.koenig@informa.com
www.euroforum.de

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