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"Der Anfang ist gemacht". Industrie und Politik schauen verhalten optimitsch auf die Entwicklungen der ESVP.

Düsseldorf (ots)

Pressebericht zur Handelsblatt-Konferenz.
Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie. Die Zukunft Europas.
(08./09. Juli 2004, Berlin).
Berlin, 9. Juli 2004 "Wir müssen uns auf das konzentrieren, was
uns einigt", betonte Staatsminister Walter Kolbow (Bundesministerium
der Verteidigung) in Bezug auf den Konsolidierungsprozeß des
transatlantischen Bündnisses. Im Rahmen der Handelsblatt- Konferenz
"Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie", die am 8. und 9.
Juli 2004 in Berlin stattfand, stellte Kolbow die neuen
sicherheitspolitischen Herausforderungen der EU, des
transatlantischen Bündnisses sowie Deutschlands vor und ging auf die
europäische Sicherheitsstrategie und die Rolle der Bundeswehr ein.
Kolbow betonte vor den rund 200 Teilnehmern: "Die Idee, Europa als
reine Zivilmacht anzusehen, liegt hinter uns, die europäischen
Interessen lassen dieses Selbstverständnis nicht mehr zu." Europa
habe das Ziel, eine militärische Größe zu werden und auch das
Potenzial dazu. Die EU verfüge über ein einzigartiges Spektrum an
Möglichkeiten, die es zu bündeln gelte. Als "erstaunlich" bezeichnete
Kolbow die derzeitigen sicherheits- und verteidgungspolitischen
Entwicklungen in Europa: "Europa ist auf dem Weg zu einem wirklichen
strategischen Partner der USA und der NATO zu werden". Dies bewiesen
nicht zuletzt die 25.000 europäischen Soldaten, die derzeit im
Einsatz seien. Allerdings müssten die Fähigkeiten der Europäer
weiterentwickelt werden. Die Transformation der Bundeswehr sowie
deren weitere Integration in die EU und NATO seien zwei Seiten einer
Medaille. Deshalb sei auch eine Konsolidierung der deutschen und
europäischen wehrtechnischen Industrie von entscheidender Bedeutung.
Mit Blick auf die neuen Herausforderungen der Bundeswehr legte Kolbow
ein deutliches Bekenntnis zur Wehrpflicht ab. Der von
Verteiditungsminister Dr. Peter Struck begonnene "neue Kurs" mache
die Bundeswehr auch im Rahmen von Nato und EU zu einer
zukunftsfähigen Armee.
Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)
bezeichnete auch Dr. Robert Ondrejcsák (Verteidigungsministerium
Slowakei) als wichtigen Faktor innerhalb der europäischen Politik,
der weiter augebaut werden müsse. Auch die kleineren Mitgliedstaaten
müssten mit in diese Politik einbezogen werden. Vor allem der globale
Ansatz der ESVP sei für Länder wie die Slowakei entscheidend.
Schwierig für die osteuropäischen Mitglieder sei nur, dass die
Strukturen der EU schon vor der Teilnahme der Slowakei bestanden
hätten und so die Anpassungen der neuen Mitgliedstaaten auch große
Veränderungen innerhalb der Strukturen der Länder bewirkten.
Ondrejcsák betonte den slowakischenWillen, einen Beitrag innerhalb
der ESVP leisten zu wollen und zu können. Besonders zur Befriedung
auf dem Balkan könne die Slowakei einen Beitrag leisten. Schon heute
seien 8000 Soldaten bei Auslandseinsätzen vertreten. Eine
friedensstiftende Politik sei das slowakische Ziel, so der Leiter des
Institutes für Sicherheits- und Verteidigungsstudien weiter. Die
Partnerschaft zur EU und zur NATO sei dabei entscheidend und müsse
vorangetrieben werden.
Die Notwendigkeit der mittel- und osteuropäischen Länder sich
verteidigungspolitisch in die NATO und in die EU einzubringen, hob
auch der nationale Koordinator der NATO, Pjer Simunovic
(Außenministerium Kroatien) hervor. Die osteuropäischen Länder
wollten auch ihren Beitrag leisten und dieser sei für die NATO
wichtig. Simunovic stellte weiter fest, dass es einer weiteren
Harmonisierung der Standards der NATO-Länder bedürfe, um diese
Prozeße voranzutreiben. Denn: "Nicht nur die ESVP entwickelt sich
weiter, sondern auch die NATO". Dies führe manchmal zu Reibungen,
aber diese gelte es angesichts der neuen globalen
Sicherheitsbedrohungen in Einklang zu bringen. Die Notwendigkeit die
derzeitige Transformation der ESVP auch wehrtechnisch zu untermauern,
hob Dr. Thomas Enders (EADS) hervor. Zu den aktuellen Entwicklungen
stellte er "verhalten optmistisch" fest: "Der Anfang ist gemacht".
Die Industrie erwarte in Zukunft nur noch kleinere Auftragsvolumina,
aber dafür schnellere Entwicklungen. "Entwicklungsprozeße von 10 bis
15 Jahren sind nicht mehr vertretbar." Um den Transformationsprozeß
weiter voranzubringen, müssten Politik, Industrie und Streitkräfte
stärker zusammenarbeiten. Eine mutige Europäisierung sei der
Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation der ESVP. Die European
Defence Agency (EDA) sei ein erster Schritt zur Harmoniserung. Der
EADS- Vorstand kritisierte allerdings die schwache finanzielle
Ausstattung der Rüstungsagentur und fordert hier mutigere Schritte:
"Wer kein Geld hat, hat auch nichts zu sagen." Nur eine stärkere
finanzielle Ausstattung mache aus der EDA auch einen Kunden, den die
Industrie brauche. "Ansonsten gibt es weiter nationale Alleingänge",
prognostizierte Enders. Damit Deutschlands Kompetenzen zukunftsfähig
gemacht werden könnten, müsse sich Deutschland stärker an
europäischen Projekten beteiligen. Das Tempo des europäischen
Fortschritt könne aber nicht die Achse Paris - Berlin vorgeben,
sondern nur die Achse Paris - London. Entscheidend für die Zukunft
der ESVP sei Forschung und Entwicklung, so der EADS-Vorstand weiter.
Aber auch dafür brauche man Geld. "Mehr Sicherheit und sinkende
Budgets? Das geht nicht zusammen."Eine Europäiserung der Industrie
aus der Not lehnte Enders kategorisch ab.
Der Kritik gegenüber dem niedrigen Budget der Rüstungsagentur
hielt Burkhard Schmitt (EU Institut for Security Studies) entgegen:
"Drei Millionen Euro für die Forschung sind zwar nur gering, aber die
Agentur hat ein operationelles Budgets, das ausgebaut werden kann.
Und wenn erst mal ein Budget da ist, verschwindet es auch nicht."
Schmitt lobte, dass mit der Agentur eine permante Struktur und ein
Mittler zwischen Politik und Wirtschaft geschaffen sei. Zwar werde
die Agentur nicht alle Probleme lösen, aber sie beschleunige
Entwicklungen. In der Forschung schlage sie die Brücke zwischen Zivil
und Militär sowie zwischen Innen- und Außenpolitik. Er verwies weiter
auf die erhebliche Dynamik der Kooperationen in der
Rüstungsentwicklung in den letzten fünf Jahren. "Der Handlungsdruck
für Zusammenarbeit ist groß, da die Budgets nicht nennenswert steigen
werden und auf nationaler Ebene keine große Forschung und keine
Beschaffungsfragen zu meistern sind."
Für Generalleutnant Dr. Klaus Olshausen ist die transatlantische
Dimension weiterhin entscheidend: "NATO und EU müssen
zusammenarbeiten, da es keinen Sinn macht in zwei Organisationen
getrennt aktiv zu sein." Schließlich habe jedes Land ja nur eine
Streitkraft. Sowohl NATO als auch EU würden sich mit den gleichen
Themen beschäftigen, die Bedrohungen seien für die USA, die NATO und
die EU die gleichen und daher sei es notwendig zusammenzuarbeiten.
Über die Rolle der OCCAR in der ESVP sprach Stephen Logan (OCCAR).
Er betonte, dass die Zusammenarbeit der EDA mit der OCCAR wichtig sei
und die OCCAR hier eine Menge leisten könne. Allerdings müsse die
OCCAR rechtzeitig involviert werden, damit das Management schon
während der Forschungsphasen angepasst werden könne. Der Leiter des
Gründungsteams der EDA, Nick Witney, verwies auf die Notwendigkeit
der schnellen Einrichtung und betonte, dass die EDA keine Rivalin der
NATO sei, sondern dass alles was die Rüstungsagentur leiste, auch von
der NATO genutzt werden könne. Den Befürchtungen, dass die EDA nur
eine weitere europäische Institution werde, hielt Witney entgegen,
dass die Länder selbst die Agentur unterstützen müssten. Witney
zeigte sich optimistisch, dass die Agentur die Verteidigungspolitik
Europas vorantreiben werde.
Den optimistischen Ausblicken gegenüber den europäischen
Verteidigungsentwicklungen hielt Edgar Buckley (Thales) entgegen,
dass die tatsächliche Entwicklung der europäischen Rüstungsindustrie
zu langsam und schwach vorangetrieben werde. In Europa gelte es einen
wettbewerbsfähigen Rüstungsmarkt aufzubauen. Die europäische
Industrie dürfe kein Anhängsel der amerikanischen Industrie werden.
Dazu müsse sich Europa umstrukturieren und Aufträge vergeben, die die
europäische Industrie überlebensfähig macht. "Nationale Präferenzen
müssen aufgegeben werden zugunsten eines multinationalen Denkens."
Aus der Praxis in den Einsatzgebieten berichtete Generalleutnant
Friedrich Riechmann. Für ihn sind mulitinationale Einsätze "ein Gebot
der Vernunft". Er betonte, dass die Multinationalität die Einsätze
legitimiere. "Die militärische Zusammenarbeit ist nicht nur Planung,
sondern sie steht bereits weltweit im Einsatz." Die enge
Zusammenarbeit der Bundeswehr in der NATO und die Anstrengungen
Deutschlands, die ESVP weiter voranzutreiben, machte auch
Generalleutant Dirk Böcker deutlich.
Joachim Rhode (Stiftung Wissenschaft und Politik) verwies darauf,
dass im europäischen Rüstungsbereich immer noch nationale Interessen
im Vordergrund stehen würden. Er prognostizierte zwar eine
Verbesserung in der Zusammenarbeit, aber der Weg hin zu einem
harmonisierten Beschaffungsvorgang sei noch lang. "Ich befürchte,
dass sich Europas Traum von Eigenständigkeit auch bis zum Jahre 2020
nicht erfüllt haben wird."
Die Rolle der wehrtechnischen Industrie zur Unterstützung der
Transformation der Bundeswehr betonte auch Dr. Hans-Heinrich Weise
(Bundesministerium der Verteidigung). Er verwies auf die Bedeutung
der der deutschen Streitkräfte bei aktuellen Einsätzen und die
Notwendigkeit deren Fähigkeiten gemeinsam mit der Industrie auch auf
europäischer Ebene weiter auszubauen.
Die Schwierigkeiten der Wirtschaft mit einem in der Bundeswehr
gültigen kameralistisches System umzugehen, verdeutlichte Dr.
Horsmann (g.e.b.b.). Dass ein Unternehmen wie die Gesellschaft für
Entwicklung, Beschaffung und Betrieb aber dabei helfen könne, dass
sich die Bundeswehr auf ihre militärischen Kernaufgaben konzentrieren
könne, zeige die erfolgreiche Zusammenarbeit. Philip Rowland
(McKinsey) zeigte am Beispiel von PPP-Projekten in Großbritanien wie
erfolgreich unternehmerische Strukturen öffentliche Institutionen
reformieren können. Für Horsmann sind PPP- Methoden ein "guter
Katalysator", um in staatliche Strukturen privatwirtschaftliche
Methoden durchzusetzen. Rowland und Horsmann räumten zwar ein, dass
es ein schwieriger und langfristiger Weg sei, der aber durchaus
erfolgreich sein und erhebliche Einsparungspotenziale für die
öffentliche Hand generieren könne.
Skeptisch äußerte sich Norman Ray (Raytheon International) zu den
europäischen Entwicklungen. Im Gegensatz zu Amerika würde in Europa
immer noch nicht akzeptiert, dass Rüstungsindustrie auch Rendite
abwerfen müsse. Für Ray hängt der Erfolg der ESVP entscheidend vom
Willen der Regierungen ab, ihre Investionen zu erhöhen. Nur so habe
die europäische Industrie eine Chance auch auf dem amerikanischen
Markt ihren Platz zu finden. Dazu müsse besonders die Forschung
gefördert werden. Die amerikanische und europäische Verteidigung
könnten sich gut ergänzen und die Rolle der EDA werde dabei
entscheidend sein. Scott Harris (Lockheed Martin) verwies auf die
Notwendigkeit den transatlantischen Markt als einen integrierten
Markt aufzufassen. Die Überlebensfähigkeit der europäischen Industrie
hänge aber davon ab, einen Zugang zum amerikanischen Markt zu
bekommen.
Die Weiterentwicklung der eingeleiteten Schritte zur ESVP sowohl
auf nationaler wie auch europäischer Ebene betonte auch der
Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages
Reinhold Robbe (SPD). Er stellte sich hinter das transatlantische
Bündnis und machte deutlich, dass deutsche Interessen in Zukunft
stärker vertreten werden müssen. Er merkte weiter an, dass auch das
Bewußtsein und Verständnis der Bevölkerung für die Sicherheits- und
Verteidigungspolitik gestärkt werden müsse: "Wir müssen es schaffen,
alle gesellschaftlichen Bereiche von der Wichtigkeit der Verteidigung
zu überzeugen,um so auch höhere Budgets durchsetzbar zu machen."
Darum fand seiner Ansicht nach die Handelsblatt-Konferenz auch zum
richtigen Zeitpunkt statt, denn derzeit würden wichtige Weichen im
Sinne der ESVP gestellt. Die Wichtigkeit und Notwendigkeit dieser
Konferenz betonten alle Referenten. Staatsekretär Kolbow nannte die
vom Handelsblatt und Euroforum ermöglichte Konferenz "wichtig".
EADS-Vorstand Thomas Enders hob die "Orginalität" der Veranstaltung
hervor, die zeigen würde, dass es Veränderungen im deutsche
Bewußtsein in Bezug auf wehrtechnische Fragen gäbe. Die Auswahl der
Referenten und das kompakte Programm wurde auch von den rund 200
hochrangigen Teilnehmern gelobt.
Pressefotos von der Konferenz finden Sie im Internet unter:
http://www.defence-conference.de und dann Bildergalerie.
Digitale Pressemappe: 
http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=6625
Ansprechpartner für die Redaktion:
Claudia Büttner
Leitung Presse und Öffentlichkeitsarbeit
EUROFORUM Deutschland GmbH
Tel.: +49 (0) 211 / 9686 3380
Fax: +49 (0)211 / 9686 4380
E-Mail:  presse@euroforum.com

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