Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Schäuble
Bielefeld (ots)
Handy- und Internet-Verbot für Terrorverdächtige? Hört sich gut an. Solange man nicht genauer darüber nachdenkt. Es ist die Aufgabe des Bundesinnenministers, sich Gedanken um unsere Sicherheit zu machen. Sich zu überlegen, wie man Terroristen das Handwerk legen kann, bevor sie auch bei uns in Deutschland zuschlagen. Doch Schäuble scheint sich nicht immer des Sachverstandes zu bedienen, der ihm beispielsweise in Form des Bundeskriminalamtes zur Verfügung steht. Ein Handy- und Internet-Verbot für Terrorverdächtige - es erwiese der Polizei einen Bärendienst. Mobiltelefone ermöglichen Fahndern, Gespräche Verdächtiger abzuhören, ihren Standort bis auf wenige Meter einzugrenzen und zu erfahren, mit wem der Verdächtige Kontakt hält. Natürlich weiß jeder Straftäter, dass die Polizei diese Möglichkeiten hat. Doch die Erfahrung zeigt, dass Täter, die sich unbeobachtet fühlen, unvorsichtig werden. Überwachte Handys haben schon ungezählte Drogendealer, Bankräuber und Mörder hinter Gitter gebracht. Und: Ein Handy-Verbot macht einen sogenannten Gefährder möglicherweise erst darauf aufmerksam, dass die Polizei ihn auf ihrer Liste hat. Ganz abgesehen davon, dass ein Telefon-Verbot gar nicht durchzusetzen wäre. Kaum jemand wird ernsthaft bestreiten, dass Schäuble Deutschland sicherer machen will - in unser aller Interesse. Doch die Art, in der der Minister seine Ideen für einen effektiveren Anti-Terror-Kampf verkündet, ist alles andere als glücklich. Nahezu im Wochenrhythmus überrascht Schäuble die Öffentlichkeit mit immer neuen Vorschlägen, die er aber meist nur in Form von Schlagworten in den Raum wirft, ohne sie zu erläutern. Und die oft so nebulös sind, dass sie breitesten Raum für Spekulationen lassen. So wurden Schäubles unklare Äußerungen in einem »Spiegel«-Interview über eine mögliche Erschießung Osama Bin Ladens so ausgelegt, Schäuble als wolle er Terrorverdächtige vorsorglich töten lassen. Der Minister ließ diese Interpretation seiner Worte eine Woche lang unwidersprochen durch Deutschland geistern, bis Bundespräsident Horst Köhler eingriff - und Schäuble von einem Missverständnis sprechen musste. Nebenbei bemerkt: Wir brauchen keine Regelung, um Terrorverdächtige im Ernstfall töten zu können, denn wir haben sie bereits. Das nordrhein-westfälische Polizeigesetz etwa erlaubt den sogenannten finalen Rettungsschuss. Damit kann ein Terrorist, der sich mit einem Sprengstoffgürtel auf einen Wochenmarkt begibt, ebenso getötet werden wie ein Geiselnehmer, der sich in einer Bank verschanzt hat. Wolfgang Schäubles Bemühen in allen Ehren, aber seine immer neuen Vorstöße haben etwas von Aktionismus und erinnern an das ängstliche Kind, das im Dunkeln pfeift. Vielleicht sollten die nächsten Vorschläge für einen wirksameren Anti-Terror-Kampf von jenen kommen, die näher dran und vom Fach sind. Vom Bundeskriminalamt etwa oder von den Geheimdiensten.
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