Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum vereitelten Terroranschlag in Deutschland
Bielefeld (ots)
Eines vor allem anderen: Die Menschen hier in Deutschland - jeder einzelne, sofern er demokratisch gesonnen, redlich und guten Willens ist - haben denen von Herzen zu danken, die soeben mit größtmöglicher Umsicht allerschwersten Schaden abgewendet haben. Nicht auszudenken, welch eine Spur der Verwüstung das mutmaßliche Bomben-Täter-Trio hätte hinterlassen können, zumal wenn dabei hunderte oder gar tausende Unschuldige, vom Baby bis zum Greis, buchstäblich in die Luft gesprengt worden wären. Nicht auszudenken - wirklich? Würden wir dann nicht schon binnen kurzem wieder nur mit jener abgegriffen-flachen Betroffenheitsfloskel bedient, wonach »in diesem Lande« fortan nun »nichts mehr so sein« werde wie bisher? Oder die Politik griffe zur Ablenkung wieder einmal zu einem bewährten deutschen Spezial-»Rezept«. Soll heißen: Man beschwört stereotyp und unheilschwanger die »Gefahr von rechts«, obwohl das heutige demokratisch-rechtsstaatliche Deutschland, wie jedermann weiß, gottlob und nachweislich von nichts weiter entfernt ist als von einer braunen oder sonstwie eingefärbten tyrannischen Machtergreifung. Dennoch lässt sich das freizeit- und »event«-frohe Publikum, früher auch schlicht Volk genannt, ziemlich bereitwillig auf solche ab- seitig falschen Fährten locken. Die Mehrheit, so scheint es jedenfalls, will sich selbst über derart Unbehagliches wie die akute (!) Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus am liebsten »gar keinen Kopf machen«, wie der Volksmund 2007 sich ausdrückt. Man hat sich eingerichtet in einer recht deutschen »Aktion Sorgenfrei« - auf gerader Linie zwischen Ignoranz und selbstverschuldeter Ahnungslosigkeit. Und das inmitten der hypermodernen, ach so fabelhaften Welt-Informationsgesellschaft, die dem, der ernsthaft sucht, eigentlich alles vermittelt, was er sich nur wünschen mag. Punktgenau auf den Kern des brisanten Geschehens, das sich seit gestern nun maßgeblich auch mit dem sauerländischen Flecken Oberschledorn verbindet, könnte den Interessierten einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts führen. Doch wer schon liest ausgerechnet jetzt tatsächlich einmal genauer nach, was Karl Popper (1902 - 1994) uns in seinem famosen Werk mit dem sinnfälligen Titel »Die offene Gesellschaft und ihre Feinde« zum »Paradox der Toleranz« zu bedenken gibt: - Uneingeschränkte Toleranz führt unausweichlich zu deren Verschwinden. Denn: - Wenn wir die eigene, uferlose Toleranz sogar auf die extrem Intoleranten ausdehnen und nicht bereit und willens sind, die offene, demokratisch tolerante Staats- und Gesellschaftsordnung gegen absolut intolerante und noch dazu hemmungslos fanatisierte, mörderische Angreifer zu verteidigen, sind wir verloren (Zitat Ende). Es ist beinahe, als habe der Geist des großen Karl Popper unseren Fahndern, den Spitzen unserer Sicherheitskräfte und ihrem obersten Dienstherrn, dem monatelang (offenbar zu Unrecht) heftig kritisierten Innenminister Wolfgang Schäuble, zu einer für uns alle glücklichen Beschützerhand verholfen. Doch Undank ist und bleibt wohl leider der Welten Lohn. Unruhige Zeiten werden dadurch noch unruhiger.
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