Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (BIELEFELD) zur SPD
Bielefeld (ots)
Berufsprophet muss man gar nicht sein, um diese Vorhersage zu treffen: Je näher die großen Wahlkämpfe rücken, wird es noch mächtig hoch hergehen in dem Widerstreit darüber, wer unter welcher Parteifarbe denn nun die einzig wahre Definition der Alles-und-nichts-Floskel von der »sozialen Gerechtigkeit« für sich beanspruchen könne. Ob Ultralinks, Mitte, halbrechts oder rechtsaußen - bis hin zum letzten Hinterbänkler zündet und elektrisiert nichts so sehr wie der teils skurrile Wettlauf um die bes- ten Startplätze an gerade dieser Propagandafront. Jeder, wirklich jeder singt die Melodie mit. Atemlos. Und so aufgeregt, dass kaum jemand mehr Anstoß nimmt an dem Sturmgebraus rings um gerade diese sonderbare Worthülse - und einfach mal nachdenkt und 1 und 1 zusammenzählt. Was eigentlich soll das sein, je- ne spezielle »soziale« Gerechtigkeit? Ist Gerechtigkeit, gerade auch nach christlichem und humanistischem Verständnis, nicht aus sich selbst heraus und ganz natürlicherweise sozial? Wie anders wäre sie sonst zu erklären? Genau das aber will niemand hören. Die Akteure der sogenannten politischen Klasse schon gar nicht; sie spekulieren auf Wählerstimmen. Und das Bürgervolk fühlt sich offenbar behaglicher, wenn man es mit den Verheißungen einer nebulösen »sozialen Gerechtigkeit« umgarnt - oder auch mit fortwährenden Mahnungen, doch bitte »mehr Solidarität« zu üben. Beides aber zielt in Wahrheit letztlich immer und immer wieder darauf, das Geld Dritter angeblich »gerechter« umzuverteilen, am liebsten von oben nach unten. Wobei Neidkomplexe wachgekitzelt werden mit der ebenso kühnen wie platten Unterstellung, dass zu viel Geld in den Händen von Besser- und Gutverdienenden (und der richtig Reichen sowieso) schon von Haus aus zutiefst ungerecht sei, folglich von Politik und Staat »gerechter verteilt« werden müsse. Absichtlich ausgeblendet wird in Politik und Bürgerschaft zudem, dass die überreichlich beschworene Solidarität in ihrem Ursprung eigentlich ein Geben meint, das keinesfalls eine Einbahnstraße sein sollte, sondern sehr wohl auch Verpflichtungen gegenüber der (Solidar-)Gemeinschaft beinhaltet. Folglich gilt es weithin als normal, dass in Deutschland ein Prozent der Steuerpflichtigen fast 20 Prozent und die oberen 50 Prozent nahezu 93 Prozent des Einkommensteueraufkommens berappen (Näheres dazu im untenstehenden Beitrag auf dieser Seite). Als unanstößig gilt auch, dass selbst Kleinrentner und Kriegswitwen von den Jüngeren aufgefordert werden, sie müssten gefälligst »solidarisch« ihren Beitrag leisten zur Zukunftssicherung der nachfolgenden Generationen. Schließlich hätten sie »ja ihr Leben gelebt und heute ihr Auskommen«, wie sich nicht nur nassforsche Polit-Karrieristen sogar unserer »C«-Parteien ausdrücken. Merke: Gerecht ist angeblich nur, was sozial daherkommt. Dieser Pseudo-Moral huldigen »Sozial«-Demokraten in allen Parteien.
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