Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zum Thema Mindestlohn:
Bielefeld (ots)
Das Thema Mindestlohn wird die deutsche Öffentlichkeit auch im kommenden Jahr intensiv beschäftigen. Es soll hier aber nicht um die 9,80 Euro gehen, die die Post mit der Gewerkschaft Verdi als Mindestlohn für Mitarbeiter im Westen Deutschlands vereinbart hat, die mit der Verteilung von Briefen beschäftigt sind. Wenn man sich vor Augen führt, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund für einen allgemeinen Mindestlohn von 7, 50 Euro eintritt, wird schnell klar, was gespielt wird. Hier soll durch einen hohen Mindestlohn die unliebsame neue Konkurrenz aus dem Markt gedrängt werden, die einen solchen Lohn nicht zahlen kann. Man kann es auch anders sagen: Hier haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft zum beiderseitigen Vorteil verbündet, um das Postmonopol mit anderen Mitteln zu verlängern. Mir ihrem wenn auch widerstrebenden Ja zu diesem Mindestlohn hat die Union ein falsches Signal gesetzt. Es gibt gute Argumente für einen Mindestlohn. Da ist zunächst das ethische Argument, dass die Arbeitskraft eines Menschen - sei sie auch sehr niedrig - einen Mindestwert hat. Das heißt, es gibt Grenzen für ein Drehen an der Lohnschraube nach unten. Ein weiteres Argument schließt sich an: das Gerechtigkeitsempfinden in der Bevölkerung angesichts hoher Managergehälter und Abfindungen, dem sich keine politische Partei mehr verschließen kann. Auch eine Mehrheit der CDU- und FDP-Wähler hält einen Mindestlohn mittlerweile für unverzichtbar. Das Argument, ein hoher Mindestlohn entlaste den Staat, weil er dann nur noch wenigen Geringverdienern den Lohn aus Hartz-IV-Töpfen aufstocken muss, ist jedoch falsch. Die Folge wäre, dass viele Jobs wegfielen und die angeblich Begünstigten sich in der Arbeitsagentur wiederfänden. Denn es gilt der Satz: Keine Firma kann einem Beschäftigten mehr zahlen, als er ihr einbringt. Bleibt die alles entscheidende Frage, wie hoch ein akzeptabler Mindestlohn sein darf, der gleichzeitig nur wenige Arbeitsplätze kostet, den Staat durch nötige Zuzahlungen nicht zu hoch belastet und dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürger entspricht. Fast alles spricht für Branchen-Lösungen. Es gibt Branchen, die einen Mindestlohn von 7,50 Euro zahlen können, um Menschen ein bescheidenes Leben aus eigener Kraft zu ermöglichen. Um Arbeitsplätze für einfache Tätigkeiten weiter in Deutschland anbieten zu können, muss man in anderen Branchen und unterschiedlichen Regionen niedriger ansetzen. Hier kann schon ein Mindestlohn von 6,50 Euro den falschen Effekt haben und zum Abbau vom Jobs führen. Beim Thema Mindestlohn ist jedoch auch zu bedenken, dass er auch denen einen Weg zurück in das Berufsleben ebnen soll, die nur eine geringe Produktivität entwickeln können und zur Sicherung ihres Lebensunterhalts staatliche Zuzahlungen benötigen. Nur im Notfall, wenn Tarifparteien sich nicht einigen, sollte der Staat eingreifen, etwa durch das Einsetzen einer unabhängigen Kommission zur Lohnfindung.
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