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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Große Koalition

Bielefeld (ots)

Es ist schon ungewöhnlich, wenn die
Bundeskanzlerin mitten im Endspurt dreier Landtagswahlkämpfe die 
Notbremse zieht, die Koalitonäre zu Respekt und Miteinander aufruft 
und von ihnen Professionalität einfordert. Doch Angela Merkel sieht, 
dass es in den letzten Wochen nicht nur um Wahlkampf gegangen ist, 
sondern die Gefahr immer größer wird, dass auch die Koalition in 
Berlin gänzlich aus dem Ruder läuft.
 Man redet kaum noch miteinander, sondern nur noch übereinander - und
dies in einer vielfach beleidigenden Tonlage, die zu den Zeiten, als 
SPD-Vizekanzler Franz Müntefering noch an der Seite der Kanzlerin 
stand, nicht zum Umgangston gehörte.
Es ist nicht zu übersehen und schon gar nicht zu überhören: Zu Beginn
des dritten Jahres der großen Koalition hat die Aggressivität ein 
Ausmaß erreicht, das weit über Meinungsverschiedenheiten in 
Sachfragen hinausgeht.
Es ist ja nicht unnormal, dass in Wahlkampfzeiten schon einmal die 
politischen Spielregeln vergessen werden. Doch das Schauspiel, das 
dem Wahlvolk in den ersten beiden Wochen des neuen Jahres geboten 
wird, hat das politische Klima dermaßen vergiftet, dass es schwer 
sein wird, nach den Landtagswahlen wieder zur Tagesordnung 
überzugehen.
Es gibt keine Tabuthemen im Wahlkampf. Die SPD und Andrea Ypsilanti 
haben sich in Hessen den Mindestlohn herausgesucht, die CDU mit 
Roland Koch hat nach den Münchener Vorfällen das Thema 
Jugendkriminalität entdeckt.
Dass gerade dieses Thema jetzt so hohe Wellen schlägt, hat auch etwas
mit dem schlechten Gewissen der Politiker zu tun. Das Problem gibt es
seit Jahren, ebenso solange steht man ihm hilflos gegenüber, 
verschweigt es. Es ist ohne Zweifel eine Herkulesaufgabe, die 
zunehmende Gewalttätigkeit der Jugendlichen einzudämmen und nach 
Wegen zu suchen, dass nicht so viele Jugendliche zuschlagen.
Doch was macht die Politik? Statt nach Lösungen zu suchen, schlägt 
sie verbal massiv aufeinander ein - was für ein Beispiel für die 
Jugend - und verliert den Blick auf die Aufgabe, die bewältigt werden
muss.
Politiker und Parteien dürfen sich doch nicht wundern, wenn sie 
weiter an Ansehen verlieren, die Verdrossenheit in der Bevölkerung 
zunimmt.
Merkel bezeichnet das Jahr 2008 als Schlüsseljahr für die Koalition. 
Sie will weiter über Jugendgewalt sprechen und stellt sich damit auch
hinter Roland Koch. Sie will aber auch die anderen aktuellen 
Streitthemen voranbringen: Erbschaftssteuer, Gesundheitsfonds, 
Mindestlohn oder auch die Bahnreform.
Die Kanzlerin ist »guten Mutes«, dass man zusammen noch etwas 
erreichen kann. Die Bürger sind da ganz anderer Meinung. Zwei Drittel
sagten gestern in einer Umfrage, die Koalition habe abgewirtschaftet.
 Die Frage ist: Hat die Koalition noch Kraft und Willen, das 
Gegenteil zu beweisen?

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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