Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zum Zustand der SPD:
Bielefeld (ots)
Das war keine gute Woche für den angeschlagenen SPD-Vorsitzenden Kurt Beck und seine Partei. Und auch die kommenden Tage werden nicht viel besser, sondern schlimmer werden für die Sozialdemokraten und ihre Nr. 1. Während Kurt Beck mit einer fiebrigen Viruserkrankung seit Tagen flach liegt und aufgrund einer eitrigen Mandelentzündung offenbar nicht in der Lage ist, etwas zu sagen, tobt in der SPD das Chaos. Die Frage »Ist Kurt Beck noch der Richtige?« wird öffentlich von SPD-Spitzenpolitikern diskutiert. Ex-SPD-Chef Müntefering, Finanzminister Steinbrück und der ehemalige Parteivorsitzende Platzeck - sie alle sägen kräftig am Stuhl von Kurt Beck. Der eine wirft ihm einen »Irrweg« im Umgang mit der Linkspartei vor (Platzeck), der andere spricht indirekt von einem schlechten Management des Parteivorsitzenden (Steinbrück) und der dritte, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, betont, es gebe keinen Zweifel, dass die SPD »in einer ganz schwierigen Situation« sei. Und der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement? Er schießt seit Wochen öffentlich gegen Beck und wirft ihm vor, mit seinem »Freifahrtschein in Richtung PDS-Linke« Vertrauensbruch begangen zu haben. Unterstützung erhält Beck vom linken Flügel der SPD. Andrea Ypsilanti aus Hessen und die Vorsitzende des SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, versuchen, dem SPD-Chef den Rücken zu stärken. Und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagt: »Kurt Beck ist und bleibt unser Vorsitzender.« Aber wie lange noch? Die Fakten sprechen gegen Beck: In Hessen und Hamburg fuhr die Beck-SPD jeweils ihr zweitschlechtestes Ergebnis seit Kriegsende ein, in Niedersachsen das schlechteste. Sein zweifelhafter Flirt mit der Linkspartei und seine Führungsschwäche lassen ihn in Umfragen gnadenlos abstürzen. Im »Politbarometer« des ZDF rutschte er unter den zehn wichtigsten Politikern auf den vorletzten Platz. Die Mehrheit der Deutschen hält zudem Außenminister Frank-Walter Steinmeier derzeit für den aussichtsreichsten SPD-Kanzlerkandidaten. Nach einer Emnid-Umfrage sagen 22 Prozent der Befragten, der Parteivize habe die besten Chancen, bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu bezwingen. 20 Prozent halten laut Umfrage Parteichef Kurt Beck für den stärksten SPD-Kandidaten. Die SPD steckt in einer schweren Krise. Und ausgerechnet jetzt, wo Chaos herrscht in der Partei, ist der Chef nicht da, vermissen viele in der Partei ein Machtwort, fehlt es an Führung. Der erkrankte Beck sitzt das Thema aus. Er greift nicht ein, er lässt den Streit einfach weiter laufen. Heute tagt in Berlin der 110-köpfige Parteirat der SPD. Hier geht es um die Zukunft der Partei. Und es geht um die Zukunft ihres Vorsitzenden. Es passt irgendwie ins Bild, das ein Platz am Verhandlungstisch leer sein wird: der von Kurt Beck.
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