Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Wettlauf zum Nordpol
Bielefeld (ots)
Unter dem ewigen Eis am Nordpol liegen Milliardenwerte verborgen. Gas und Öl, Gold und Silber, vielleicht noch Kupfer und weitere Edelmetalle. Na und?, könnte man sagen - die aufwändige und teure Förderung dieser Bodenschätze kann sich doch nur schwerlich lohnen. Aber diese Sichtweise lässt den Klimawandel außer acht, denn die Eiszeit am Nordpol ist dadurch wohl eben gerade nicht ewig. Schon 2030 könnte der Nordpol sommers eisfrei sein, vermuten Wissenschaftler, die die Auswirkungen durch die weltweite Erwärmung hochgerechnet haben. Das ist der Hintergrund der ungewöhnlichen Goldgräberstimmung, die derzeit rund um den Nordpol herrscht. Als Problem kommt hinzu, dass der Nordpol als »gemeinsames Erbe der Menschheit« bislang viele Besitzer hat - oder eben keinen. Und herrenlose Milliardenwerte sind in der Menschheitsgeschichte bislang noch immer vereinnahmt worden. In Dänemark, Norwegen, Russland, Kanada und den USA berechnen sie schon die Länge der notwendigen Pipelines und das Fassungsvermögen ihrer Frachtschiffe. Dass sich diese Anrainer nun auf Grönland darauf geeinigt haben, auf Wildwestmethoden wie Fahne in den Boden rammen und Wachposten aufstellen zu verzichten, ist als zivilisatorische Errungenschaft zu begrüßen. Aber kann man diesen Lippenbekenntnissen wirklich trauen? Ist die Aussicht auf womöglich ein Viertel der Bodenschätze, die unsere Erde überhaupt noch bereit hält, nicht zu verlockend, als dass man unter Achtung des Völkerrechts zu einer Verteilung kommt? Skepsis scheint hier mehr als berechtigt. Doch selbst wenn die Claims schiedlich friedlich am Verhandlungstisch abgesteckt werden sollte, besteht die Vermutung, dass eine ganz bestimmte Fahne dabei keine Verwendung findet. Die des Umweltschutzes nämlich. Klar ist natürlich, dass das Reich des weißen Bären als riesiges Naturreservat für kommende Generationen eine Traumvorstellung bleiben wird. Deshalb ist aber um so wichtiger, dass die Öltanker nicht unkontrolliert durch das Nordmeer schippern dürfen und das Erz nicht ohne Rücksicht auf Verluste mit der Chemiekeule aus dem Boden geätzt werden darf. Das sollte ein Anliegen der ganzen Weltgemeinschaft sein - unabhängig davon, ob der eigene Staat an die Nordpolregion grenzt. Um das Recht, die Beseitigung der Folgen arktischer Umweltverschmutzung bezahlen zu dürfen, wird es nämlich bestimmt keinen Wettlauf geben. Egal sein sollte uns der wohl nur kurz auf Eis gelegte Streit im hohen Norden also keineswegs. Ebenso wenig gibt es aber Anlass, den Ausbeuterwillen der Anrainer zu verurteilen. Von den Rohstoffen, die dort zu Tage kommen, werden nämlich auch wir profitieren. So lange unser tägliches Leben nicht ohne Öl und Gas auskommt, gibt es keine Alternative zur weiteren Suche nach Energievorräten - auch am schmilzenden Pol.
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