Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westfalen-Blatt mehr verpassen.

Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Zinserhöhung der EZB:

Bielefeld (ots)

Dafür, dass eigentlich alle mit einer Erhöhung
um mindestens 0,25 Prozentpunkte gerechnet hatten, ist das Geschrei 
nach der nun gestern tatsächlich erfolgten Anhebung des europäischen 
Leitzinses ziemlich groß. Von Frankreichs Staatspräsident Nicholas 
Sarkozy bis zum deutschen Finanzminister Peer Steinbrück und vom 
Wirtschaftsweisen Peter Bofinger bis zum Deutschen Gewerkschaftsbund 
reicht die Linie der Demonstranten. Unwillkürlich fragt man sich: Was
haben all die Herren eigentlich für ein Bild von der Europäischen 
Zentralbank?
Mehr als ein Jahr ist es her, dass die Währungshüter das letzte Mal 
den Leitzins verändert haben - mehr als ein Jahr, in dem die Preise 
in Europa nur eine Richtung kannten: weiter nach oben. Vor allem mit 
Blick auf die als Folge der US-Hypothekenkrise ohnehin geschrumpfte 
Geldmenge bei den Banken hat die EZB es die ganze Zeit bei Mahnungen 
belassen. Nun, da die Inflation aber schon an der Vier-Prozent-Marke 
kratzt, hat sie ein Mal die Rolle des Papiertigers verlassen und 
einen Viertelpunkt zugebissen: Schon soll sie der Mörder der 
Konjunktur und schuld an einer neuen Massenarbeitslosigkeit sein? 
Eine ernst zu nehmende Kritik sieht anders aus.
 Zugegeben: Der konjunkturelle Aufschwung hat sich verlang
samt - in Deutschland ein bisschen, in Irland, Spanien und Italien 
ein bisschen mehr. Insofern könnte man meinen, die Zentralbank trete 
bei einem langsamer werdenden Zug noch zusätzlich auf die Bremse.
 In Wirklichkeit aber haben sich schon neue Heizer in der Lokomotive 
eingefunden: Gewerkschaftsführer, die mit Blick auf die tatsächliche 
und die erwartete (!) Preissteigerung ihre Lohnforderungen immer noch
weiter in die Höhe schrauben. Würden sie sich durchsetzen, käme die 
Inflationsspirale erst richtig in Schwung. Verlierer wären am Ende 
alle: die Unternehmen, die Beschäftigten und die Verbraucher. Die 
sinkende Kaufkraft wäre dann in der Tat eine viel mächtigere 
Konjunkturbremse als die jetzige kleine Zinserhöhung.
Die von Jean-Claude Trichet und seinen Direktoriumskollegen in der 
EZB beschlossene Währungsmaßnahme wird über einen längeren Zeitraum 
dazu führen, dass sich die Kredite ein bisschen verteuern werden. Die
Möglichkeit, dass eine Millionen- oder gar Milliarden-Investition an 
den 0,25 Prozentpunkten scheitert, ist natürlich vorhanden. Sie ist 
aber wesentlich kleiner als der Einfluss der Energiekosten und der 
Währungsrelation, der Lohnentwicklung und selbst der Inflationsrate 
auf die Investitionsentscheidungen.
 Öl, da haben die Kritiker recht, wird durch eine Veränderung des 
Leitzinses nicht billiger. Hier müssen andere Mechanismen von Angebot
und Nachfrage greifen. Aber es ist schon viel gewonnen, wenn die 
Inflationserwartung durch den Zinsschritt gebremst wird. Denn gerade 
beim Geld gilt: Was alle erwarten, tritt auch ein - schon allein 
deshalb, weil alle ihre Handeln danach ausrichten.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westfalen-Blatt
Weitere Storys: Westfalen-Blatt
  • 03.07.2008 – 20:09

    Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Klinikfinanzierung:

    Bielefeld (ots) - Dem neuen Aktionsbündnis »Rettet die Krankenhäuser« sei geraten, auf jeden Fall an der geplanten Großdemonstration am 25. September in Berlin festzuhalten. Grund sind die vielen faulen Kompromisse, die die Gesundheitsminister der Länder und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) während ihren jüngsten Verhandlungen in Plön ...

  • 02.07.2008 – 19:31

    Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

    Bielefeld (ots) - Täglich eine neue Meldung. Täglich neue Opfer. Täglich ein anderes Kind, das zum Freiwild wird. Mittendrin in unserer Gesellschaft. In der Stadt, auf dem Land. Täglich ein neues Schicksal. Die Opfer sind Mädchen und Jungen. Sie sind minderjährig, häufig nicht älter als zehn Jahre. Die Kinder - unsere Kinder - werden zu Opfern von ...

  • 02.07.2008 – 19:29

    Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

    Bielefeld (ots) - Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wehrt sich vehement gegen Vorwürfe von Finanzexperten, er bemühe sich nicht nachhaltig genug, den Bundeshaushalt zu sanieren und endlich mit dem Abbau der Schulden zu beginnen. Allzu leicht wird dabei aber übersehen, dass der Finanzminister seit Jahren zu einem Spagat gezwungen ist: einerseits die ...