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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Bielefeld (ots)

Der Zug ist abgefahren, das große Ziel verfehlt.
Den Ausstieg aus der Neuverschuldung, gar den Abstieg vom 
Schuldenturm kann und will die Große Koalition nicht mehr schaffen.
Am Beginn ihrer Zusammenarbeit haben die zwei größten 
Bundestagsfraktionen sehr wohl den Eindruck erweckt, ein Etat ohne 
neue Schulden sei in dieser Legislaturperiode zu schaffen. Die 
Rekorderhöhung der Mehrwertsteuer um drei Punkte und das Job-Wunder 
aufgrund gemeinsamer Agenda-Beschlüsse in der Schröder-Zeit haben 
Deutschland diese einmalige Chance zur Haushaltsgesundung verschafft.
Tatsächlich sind seit 2005 gut und gerne 60 Milliarden Euro mehr als 
erwartet in die Kassen des Bundes geflossen.
 Und was macht die Regierung daraus im Etat 2009? Nichts. 12 der 14 
Einzelhaushalte steigen. Treuherzig wird versichert, das entspreche 
ziemlich genau den jeweiligen dort erwirtschafteten Mehreinnahmen. 
Ja, und? Muss der Erlös aus dem Verkauf von CO2-Verschmutzungsrechten
oder der LKW-Maut gleich wieder »verbraten« werden? Jeder Privatmann 
weiß, dass frisches Geld nach einer langen Durststrecke erst einmal 
zum Abtragen alter Schulden genutzt werden muss.
Nicht so in Berlin. 2009 will man sich noch einmal 10,5 Milliarden 
Euro leihen, 2010 sollen gemäß der Finanzplanung Kredite über 6 
Milliarden reichen, 2011 müssen Verkäufe von Bundeseigentum 
ausreichen, um die schwarze Null zu bringen. Der erste Haushalt, der 
nur so viel Ausgaben vorsieht, wie laufende Einnahmen dagegen stehen,
soll 2012 erreicht werden.
 Kurzum: Die Rückzahlung der in vier Jahrzehnten aufgebauten 
gigantischen Schuldenlast ist Sache der übernächsten Regierung, wie 
auch immer die aussieht.
Nein, wenn überhaupt eine Chance zum Ausstieg aus der Schuldenspirale
bestand, dann gab und gibt es sie in den Jahren 2007 bis 2009. Die 
Umsetzung hätte extreme Sparhaushalte erfordert, aber sie wären 
möglich gewesen. Hinweise, sich zu sputen, gab es genug. Konjunktur 
und Wachstum signalisieren seit langem, dass sich das Zeitfenster 
langsam aber sicher wieder schließt. Niemand sage, die größte 
Finanzmarktkrise seit Jahrzehnten sei erst seit vorgestern zu 
erkennen gewesen.
Nach Berechnungen der Grünen werden die Weiterungen und aktuellen 
Wucherungen aus der US-Hypothekenkrise den Bundeshaushalt in den 
kommenden Jahren mit zehn Milliarden Euro belasten. Die FDP 
befürchtet bereits im kommenden Jahr fünf Milliarden Euro weniger an 
Steuereinnahmen, als von Finanzminister Peer Steinbrück in seinem 
Zahlenwerk zugrunde gelegt sind. Kurzum: Das war's.
Nur gut, dass wir noch nicht Wahlkampf haben. Die SPD will zwar das 
Wohngeld drei Monate eher erhöhen, die CSU und viele andere sind zu 
Milliarden-Geschenken an die Pendler bereit und in der Union ist 
wieder von Abgabensenkungen die Rede: alles Vorgeplänkel. Die wahre 
Bereitschaft zur Sünde kommt erst noch.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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